Die Selbstzeugnisse der Familie Roos

 

Ein Buch kann stets nur den Bruchteil dessen direkt berücksichtigen, was ein großes Quellenkonvolut an Inhalten und Interpretationsmöglichkeiten bereithält. Das trifft im vorliegenden Fall in besonderem Maße zu, denn sämtliche Mitglieder von Familie Roos brachten mehr oder weniger Schriftliches zu Papier, von dem vieles die Zeit überdauert hat.

Darunter befinden sich die ausführlichen Tagebücher von Günther Roos, die um Tagebuch-Fragmente seines Bruders Gustav und von Vater Toni ergänzt werden. Hinzu kommen die erhaltenen Teile der umfangreichen Familienkorrespondenz aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Damit werden die zentralen Quellen, auf denen das Buch in erster Linie basiert, vollständig zugänglich gemacht und so für weitergehende oder andere Fragestellungen als die hier verfolgten nutzbar.

Tagebücher Günther Roos

 

Das trifft ganz besonders auf das Tagebuch von Günther Roos zu, in dem er vor allem seit 1939 bis weit in die Nachkriegszeit alles dokumentierte was er erlebte und was ihn bewegte. Obwohl die Originale (bis auf eine Ausnahme aus der Nachkriegszeit) leider verloren gegangen sind, ist das komplette Tagebuch erhalten. Denn Günther Roos transkribierte die Einzelbände – teilweise in Geheimschrift und auch sonst sehr schwer lesbaren – Ende der 1980er Jahre Wort für Wort ohne jegliche Änderung. Die Aussagekraft der Quelle wird noch dadurch erhöht, dass ihr Verfasser rund 50 Jahre später stets deutlich vom Originaltext abgesetzte Kommentare hinzufügte, wodurch der Inhalt oftmals besser verständlich und innere Beweggründe besser fassbar werden.

Hier ist nun das gesamte Tagebuch mit allen Kommentaren einsehbar. Hierzu öffnet sich ein neues Fensteraus dem Web-Auftritt "Jugend in Deutschland 1918-1945".

Tagebuchfragment Anton Roos

 

Dieses Tagebuchfragment stammt aus der Feder von Günters Vater Anton Roos. Es umfasst den ersten Teil jener Zeit, die er als Angehöriger der „Organisation Todt“ seit Juli 1940 am „Atlantikwall“ an der nordfranzösischen Kanalküste verbrachte. Wann genau Anto Roos dieses Fragment verfasste, ist nicht überliefert. Es dürfte aber wohl noch in Frankreich entstanden sein.

Das kurze Dokument lässt erahnen, wie Angehörige der deutschen Besatzungsmacht in Belgien und Frankreich auftraten. Sie sahen das besetzte Gebiet als eine Art Selbstbedienungsladen, gebärdeten sich als Besatzer und fühlten sich – auch kulturell - überlegen. Zudem ist das Tagebuch voller sexueller Anzüglichkeiten.

Hier gelangen Sie zu den Aufzeichnungen von Anton Roos. Hierzu öffnet sich ein neues Fensteraus dem Web-Auftritt "Jugend in Deutschland 1918-1945".

Tagebuch Gustav Roos

 

Zwischen Ende September und Anfang Dezember 1941 hielt Gustav Roos, der drei Jahre ältere Bruder von Günther, seine Erlebnisse in den Stellungen und Schützengräben an der Ostfront in einem dünnen Heft fest. Nach fast einmonatiger Pause zog er am Silvesterabend dann ein Resümee des für ihn so ereignisreichen abgelaufenen Jahres. Danach bricht das Tagebuch ab.

Die Aufzeichnungen geben Einblick in den Alltag an der Ostfront und zeigen einen 20-Jährigen, der eigentlich leben möchte und offenbar ahnt, dass er sehr bald sterben wird. Dabei zeigt er sich als das genaue Gegenteil seines Bruders, mit dem ihn ein sehr gutes Verhältnis verband. In der Neujahrsnacht brachte er seinen größten Wunsch zum Ausdruck, der so gar nicht in die Zeit passen wollte: „Ich will nicht herrschen, ich will nicht dienen, aber frei will ich sein!!!“.

Hier können Sie das gesamte Fragment einsehen. Hierzu öffnet sich ein neues Fensteraus dem Web-Auftritt "Jugend in Deutschland 1918-1945".

Die Feldpost-Korrespondenz der Familie Roos

 

Als der ältere Sohn Gustav nach seinem Abitur im April 1939 seinen Arbeitsdienst antrat, begann die Roos’sche Familienkorrespondenz, die bis über das Kriegsende hinaus andauern sollte. Leider sind nicht alle der ungezählten Briefe erhalten. So fehlen beispielsweise viele Briefe an die Fronten zu den Söhnen Gustav und Günther.

Dennoch vermittelt die Korrespondenz immer wieder intensive Eindrücke vom damaligen Leben, von Stimmungslagen und auch vom Verhalten deutscher Besatzer. Das gilt in erster Linie für die Briefe von Vater Toni Roos, der in Frankreich seinen Status ausnutzte und während seiner Zeit in Polen und der Ukraine stark antisemitische gefärbte Briefe an die Familie richtete, die gerade beim 17-jährigen Günther nicht ohne Wirkung geblieben sein dürften.

Hier geht es zur kompletten Familienkorrespondenz. Hierzu öffnet sich ein neues Fensteraus dem Web-Auftritt "Jugend in Deutschland 1918-1945".

Die Zeichnungen des Anton Roos

 

Kontrastierend zu seinen rassistisch-antisemitisch gefärbten Briefen, die er zu dieser Zeit aus Polen und der Ukraine an die Familie in Brühl richtete, stehen diese Zeichnungen des selbsternannten Künstlers Anton Roos aus dem Zeitraum September/Oktober 1941.

Auch wenn er auch mit diesen Bildern sicherlich die Armut und Einfachheit des dortigen Lebens zum Ausdruck bringen wollte, bilden die idyllisch anmutenden Skizzen einen eigentümlichen Gegensatz zu den schriftlichen Ausfällen, die Toni Roos gleichzeitig zu Papier brachte. Aber auch gerade hierin dürfte das Überlegenheitsgefühl zum Ausdruck kommen, mit dem er – an welchem Ort auch immer – als Besatzer auftrat.

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