Ohm Krüger

„Ohm Krüger“ ist ein deutscher Historienfilm von Hans Steinhoff, der am 4. April 1941 uraufgeführt wurde.[1] Er wurde von den NS-Kontrolleuren geradezu mit Prädikaten überschüttert und galt als „staatspolitisch und künstlerisch besonders wertvoll“, „kulturell wertvoll“, „volkstümlich wertvoll“, „volksbildend“ und „jugendwert“. Außerdem erhielt er 1941 den Coppa Mussolini für den besten ausländischen Film bei den Filmfestspielen von Venedig. Mit einem Einspielergebnis von 5,5 Millionen Reichsmark avancierte das Propaganda-Machwerk zu den kommerziell erfolgreichsten Filmen der NS-Zeit.

Er handelt davon, dass sich Paul „Ohm“ Krüger, südafrikanischer Politiker und Führer der Buren, gegen den englischen Kolonialisten Cecil Rhodes und den Kolonialminister Joe Chamberlain wehrt, denen es um die Ausbeutung großer Goldvorkommen geht. Beide wollen die Buren daher zu einem Krieg provozieren, um so genügend Beweise in der Hand zu haben, um deren Belange anschließend radikal unterdrücken zu können. Nachdem Burenführer Krüger zunächst alle Provokation abwenden kann, kommt es schließlich doch noch zum Krieg, in dem die Buren nach anfänglichen Siegen von den Engländern überrannt werden. Krüger muss ins Schweizer Exil flüchten, und die Buren geraten wieder in Abhängigkeit von den Engländern.

Der antibritische NS-Propagandafilm zählte zu den aufwändigsten Filmproduktionen des nationalsozialistischen Deutschlands und wurde zu einem großen Publikumserfolg. Ihm wurde das Prädikat „Film der Nation“ verliehen, und Hauptdarsteller Emil Jannings, der auch die Produktion von Ohm Krüger übernommen hatte, erhielt für seine Leistung den „Ehrenring des Deutschen Films“.

Nach 1945 wurde „Ohm Krüger“ von den alliierten Siegermächten beschlagnahmt und kann heute in Deutschland als „Vorbehaltsfilm“ nur innerhalb spezieller Bildungsveranstaltungen aufgeführt werden.

Zeitgenössische Kommentare

Im Presseheft des Tobis-Filmverleihs wurde der Film so vorgestellt:

„Film als Deuter der Geschichte - Randbemerkungen zu OHM KRÜGER. Der Film hatte sich, kaum dass die ersten Kinderschritte in die Bezirke einer geschmeidigeren Technik zurückgelegt waren, bereits der Historie bemächtigt. Der große Schauspieler, der ahnungsvolle Regisseur, der bemühte Pionier hatten erkannt, dass es mit den einaktigen Grotesken und Fünfminutendramen, den Eifersuchtskomödien und den Sentimentalitäten vom verwaisten Försterstöchterlein, das sich nach der Verführung verzweifelt und lebensüberdrüssig in den Bach werfen wollte, auf die Dauer nichts auf sich haben könne. Am Anfang einer bewussteren künstlerischen Bemühung des Films stand das historische Werk. Nicht von ungefähr. Die Geschichte lieferte die interessanten Konflikte und mehr noch: den eindrucksvollen, den malerischen Hintergrund. (...) Die Gegenwart sieht Vergangenes um vieles richtiger als der Geschichtsschreiber der damaligen Zeit, denn er hat den ungeheuren Vorteil der Distanz, er überblickt ein weites Feld und schwankt nicht zwischen den Parteien. Das Vergangene ist niemals um des Vergangenen willen darzustellen, sondern um des Gegenwärtigen willen. Nur so kann der historische Film ein künstlerisches Maß erreichen.

Der Ohm Krüger der Burenkämpfe in Südafrika, der Gegenspieler Cecil Rhodes’ und Kitcheners erfasste instinktiv die Raubgier Englands und trat der Unterdrückung, dem brutalen Egoismus, der widerlichsten Heuchelei entgegen. Der heutige Ohm Krüger des Films hat ein Jahrhundertsystem der Ausbeutung, Knebelung und englischen Unmenschlichkeit festzunageln. Der heutige Geschichtsschreiber Film bestätigt das von der Geschichte selbst gesprochene Urteil.“

Weiter hieß es in dem Presseheft:

„Blut für Gold! Was Churchill im Burenkrieg lernte. - Am 15. Oktober 1899 nahmen die Buren einen Panzerzug der Engländer weg, der aus Richtung Colenso fuhr. Sein ‚Inhalt’ bestand aus Dubliner Füsilieren, und unter ihnen befand sich Winston Churchill, der nachmalige Kriegshetzer gegen Deutschland. Da er in Uniform und mit Pistole in der Hand angetroffen wurde, schickte man ihn mit den Kriegsgefangenen nach Pretoria. Hier gab der nachmalige englische Ministerpräsident sein Ehrenwort, nicht zu entfliehen. Als Wortbrüchiger hat er sich dann trotzdem durch Flucht dem wohlverdienten Aufenthalt in dem Gefangenenlager entzogen.

Mit welcher Gesinnung W. C. damals nach Südafrika gekommen war, geht aus seinen Kriegsberichten hervor, die er für die Londoner ‚Morning Post’ schrieb. Da heißt es u. a.: ‚Es gibt nur ein Mittel, den Widerstand der Buren zu brechen, und das ist die härteste Unterdrückung. Mit anderen Worten: Wir müssen die Eltern töten, damit ihre Kinder vor uns Respekt haben!‘ Die Verkommenheit solcher Gesinnung gleicht der Lumperei, aus der heraus er sein Ehrenwort brach, und der vertierten Brutalität, mit der England daran ging, das Bauernvolk der Buren wegen Gold und Diamanten dem Tode zu überantworten und seine Frauen und Kinder in Lagern dahinsterben zu lassen.

Niederländer, Deutsche und französische Hugenotten hatten am Kap der Guten Hoffnung sich angesiedelt und das Land urbar gemacht. Den Holländern wurde diese Kolonie nach den napoleonischen Kriegen von den Briten genommen, und die Buren - so nannte sich die südafrikanische Bevölkerung - wurden gezwungen auszuwandern. Sie gründeten den Oranjefreistaat und Transvaal. Als aber im Kimberleydistrikt Diamanten gefunden wurden, erhob England sofort Ansprüche auf dieses ihm nicht gehörende Gebiet. Die burische Nachbarrepublik Transvaal wurde von dem englischen Missionar Shepstone, einem typischen Vertreter der politischen Raffgier, überfallen, doch die Buren unter Führung Ohm Krügers - der damals noch Paul Krüger hieß - schlugen die Engländer am Lainings Reck und am Majubaberg. Inzwischen war im englischen Kapland der Spekulant und Imperialist Cecil Rhodes mächtig geworden. Die Diamanten und das Gold der Burenrepubliken lockten. Er tat sich mit Joe Chamberlain, dem Vater des Kriegshetzers Neville Chamberlain, zusammen, und die Welt hallte wider von den lügnerischen Anklagen der Briten. Aber ein Einfall unter Jameson wurde abgeschlagen, Jameson durch Ohm Krüger freigelassen und nicht, wie es doch völkerrechtlich begründet gewesen wäre, als Räuber zur Kugel verurteilt.

Das fromme England aber stand auf Seiten Jamesons! Im Jahre 1899 war England endlich so weit; den Burenrepubliken wurde der Krieg erklärt, weil Britanniens Gier nach den Erdschätzen unersättlich war. Heldenhaft setzte sich das Burenvolk Ohm Krügers dem britischen Expeditionskorps unter Lord Roberts zur Wehr, und was dieser nicht fertig brachte, musste sein Nachfolger Lord Kitchener vollenden. Er war der Methodiker der Ausrottungsfeldzüge, er hatte die Mahdis im Sudan zu Zehntausenden niedermetzeln lassen, jetzt ging er daran, das Burenvolk zu morden, weil er unfähig war, seine Helden im Felde zu besiegen. Das Vieh wurde erschlagen, die Weizenernte vernichtet, die burischen Farmen niedergebrannt, und endlich wurden Frauen und Kinder der Buren in so genannte Camps gebracht, wo sie dem Hunger erlagen.

Erschütternde Berichte kennzeichnen die britischen Gräuel, die die Engländer verübten. Niemals vorher kennt die Geschichte ein grauenhafteres Beispiel für die Art, wie eine weiße Nation, die britische, aus plutokratischer Habsucht ein weißes Bauernvolk gemeuchelt hat. Die Zustände waren so furchtbar, dass selbst Lloyd George am 18. Februar 1901 im Unterhaus über die Verwüstung der Burenrepubliken zeterte und sagte: ‚Das ist kein Krieg gegen Männer, sondern gegen Frauen und Kinder“, und der Abgeordnete Dillon erklärte am 26. Februar 1901 an derselben Stelle: „Gibt es in der ganzen Kriegsgeschichte etwas, was solcher Grausamkeit und Niedertracht zu vergleichen wäre?‘

Der diesen Raubfeldzug mitmachende Churchill aber schrieb, nur die härteste Unterdrückung, die Tötung der Bureneltern könne den Kindern Respekt vor den Briten beibringen! In den Konzentrationslagern gingen mehr als ein Viertel aller Insassen zugrunde, und zwar nach amtlichen englischen Angaben 4.100 Frauen, 22.000 Kinder, 1.600 gebrechliche, alte Männer! Ein Denkmal zu Bloemfontein hat diesen Schandfleck Englands verewigt. Der britische Arzt Condal Franks sagte damals: ‚Je mehr von ihnen sterben, desto besser!‘ Das Wort wird heute abgewandelt: ‚Der beste Deutsche ist für England der tote Deutsche!‘

Derselbe Churchill, der in Südafrika lernte, wie seine Worte, die Buren auszurotten, befolgt worden sind und wie unter humanschillernden Phrasen der englischen Gewalthaber die tiefste englische Gemeinheit auf ein aus bloßer Raubgier überfallenes Volk losgelassen wurde, derselbe Churchill steht heute als Ministerpräsident an der Spitze Albions. Wir kennen seine Methoden und die seiner plutokratischen Clique, denen unser Kampf gilt bis zur Vernichtung.“

Emil Jannings selbst schrieb im Dezember 1940 in der „Filmwelt“:

„Als ich den Plan zum Ohm Krüger-Film fasste, wurde ich von dem Gefühl geleitet, dass hier ein Menschenschicksal nach Form und Deutung verlange, das unserem Volke in seinem jetzigen Lebenskampf viel bedeuten könnte. Jetzt, wo ich mich tief in diese Arbeit eingelebt habe, sehe ich, dass meine Vision richtig gewesen ist. Ohm Krüger wird weder eine der üblichen historischen Filmbiographien noch ein bunter Bilderbogen von vergänglichem Spannungsreiz. Der Stoff zu diesem Film ist, obwohl die geschilderten Vorgänge mehr als ein Menschenalter zurückliegen, von tiefster Aktualität. Damals, vor vierzig Jahren, haben nur wenige den Sinn des Kampfes begriffen, in dem das kleine Volk der Buren, nicht mehr als 170.000 Menschen stark, gegen das weltumspannende Britenreich antrat. Heute sehen wir klarer: Dort unten in Südafrika wurde zum ersten Male der Funke des Widerstands gegen die Methoden der britischen Machtpolitik entflammt und zu sichtbar hellem Feuerzeichen angefacht. Die Welt wurde aufmerksam, Englands heuchlerische Maske erschien zum ersten Male im scharfen Licht der Wahrheit. Paul Krüger, der alte, würdige Herr im Gehrock und Zylinder, der damals in Europa vergeblich nach wirksamer Hilfe für sein verzweifelt kämpfendes Volk suchte, ist tatsächlich der erste Mann gewesen, dem es gelang, der Welt die Augen zu öffnen und ihr die wahre Natur des britischen Imperialismus zu zeigen. Der schlichte, schwerblütige Mensch aus brandenburgischem Bauernblut, der in seiner abenteuerlichen Jugend wohl gelernt hatte, wie man Löwen jagt und Wilde bändigt, sah sich jetzt in seinem Alter genötigt, gegen die Brutalität und Verschlagenheit eines Weltreichs anzugehen. Er hat niemals den krankhaften Ehrgeiz der Berufspolitiker gespürt, vielmehr wurde er zur Politik von seinem Volke berufen und hat erst als reifer Mann, mit politischen und militärischen Führungsaufgaben betraut, mühsam genug die Elemente der Bildung nachgeholt, zu der ihn sein Jugendleben nicht hatte kommen lassen. Dennoch war dieser urwüchsige, kraftstrotzende Mann mit seinen guten natürlichen Geistesgaben, mit bäurischer Schlauheit und hartnäckigem Trotz, mit seinem unbestechlichen Rechtsgefühl und seiner unbeugsamen Zuversicht, für die gerissenen Briten ein schwerer und zäher Gegner. Die Völker Europas begriffen instinktiv die Wahrheit seiner prophetischen Worte: dass einst Dynastien und Staaten an England sterben würden; aber die Regierungen speisten ihn mit unverbindlichen Redensarten und leeren Versprechungen ab. So erlag denn das Burenvolk - nicht der militärischen Macht Englands, sondern der grauenvollen Würgepolitik, dem Hunger, den Seuchen, den Konzentrationslagern, in denen damals sechsundzwanzigtausend Frauen und Kinder auf elende und erbärmliche Weise hilflos umgekommen sind. Es waren die gleichen Methoden, die England dann gegen unser deutsches Volk angewendet hat. Und es ist im Grunde noch der gleiche Kampf, den wir heute zum siegreichen Ende führen. Paul Krüger war - und darin liegt seine Bedeutung für uns - der erste bewusste Vorkämpfer gegen England. Er hat den Kampf aufgenommen, nicht weil er sich dabei irgendeinen Vorteil für sein Volk herausgerechnet hätte, sondern in der hellsichtigen Erkenntnis eines unabwendbaren Schicksals, das er mit heroischer Gelassenheit auf sich nahm.

Den damals kaum verstandenen Sinn dieses tragischen Geschicks im nachschaffenden Spiel heute allen deutlich sichtbar zu machen ist eine wunderbare und dankbare Aufgabe für einen Menschendarsteller. Diese Aufgabe ist umso fesselnder, als in der schlichten Seele Ohm Krügers, der ja weit entfernt war von aller begrifflichen Schulung, sich der Durchbruch vom Erleben seines Schicksals zum Erkennen seiner historischen Sendung mit elementarer Wucht vollzog, wie das seiner urwüchsigen patriarchalischen Einfachheit entsprach. In seiner Auseinandersetzung mit dem fanatischen schlauen Imperialisten Cecil Rhodes spricht Paul Krüger das auch in unserm Film aus: ‚Für jedes Volk hat die Weltgeschichte eine Aufgabe - vielleicht ist uns Buren die Aufgabe zugedacht, nur ein Beispiel zu geben.’

Ein Beispiel vor allem für uns Deutsche, die nun den Kampf gegen Englands Imperialismus zu Ende führen. Die neuere Geschichte hat nur wenige Gestalten hervorgebracht, die in ihrer schlichten Monumentalität dem Schauspieler so dankbare Rollen bieten wie Ohm Krüger. Diese Gewissheit hat sich in mir während der monatelangen sorgfältigen Vorarbeit immer mehr gefestigt. Und jetzt bei der Filmarbeit ergreift und begeistert uns die Größe des dramatischen Vorwurfs immer aufs Neue - Gesamtregie führt Flans Steinhoff, mit dem mich seit Der alte und der junge König eine enge künstlerische Gemeinschaft verbindet.

Ich glaube, dass die dichterisch-gedankliche Grundsubs- tanz des Stoffes eine überzeitliche Gültigkeit für unser deutsches Volk beanspruchen kann. Nur aus solchen Stoffen aber auch können, wenn sie mit Begeisterung, Verantwortungsbewusstsein und Sorgfalt gestaltet werden, nationale Filmwerke von bleibendem Wert entstehen. Eben weil ich seit langem glaube, dass eine klassische Zeit des deutschen Nationalfilms beginnen wird, habe ich mir die Aufgabe gestellt, in der Stunde der deutschen Abrechnung mit England das Schicksal Ohm Krügers jedermann in die Erinnerung zurückzurufen und das Walten der historischen Gerechtigkeit auch in unserem sinngebenden Spiel eindringlich fühlbar zu machen.“

Hans Steinhoff kommentierte 1941 im „Völkischen Beobachter“:

„Die Idee, den Film zu drehen, stammt von Jannings. Vor einem Jahr ungefähr lud er mich nach Sölden ein, wo er gerade die Geierwally drehte. Der Inhalt dieses Films bezieht sich auf eine Figur wie „Krüger“. Schon beim Lesen der Geschichte habe ich eine solche Begeisterung gefühlt, dass ich sofort an Jannings telegrafierte, um ihn zu beglückwünschen und ihm zu sagen, dass kein anderer als er die Figur des Helden der Buren besser verkörpern könnte. Während der Dreharbeiten war ich nie allein gelassen mit den verschiedentlich auftauchenden Problemen, sondern hatte immer Jannings an meiner Seite mit seinen wertvollen Ratschlägen. Aus dieser Zusammenarbeit ist wirklich ein wertvoller, großer Film entsprungen, der bereits die Grenzen des Reichs übersprungen hat. Die geschichtlichen Wahrheiten wurden rigoros respektiert und nichts wurde hinzugefügt oder aus politischen Gründen geändert.“

Und in der Nummer 3196 des „Illustrierter Film-Kurier“ hieß es anlässlich der Uraufführung:

„Ein neuer Mann übernimmt die Leitung der Operationen, nämlich Kitchener. In Indien und Ägypten hat er seine Methoden ausgebildet, und er wendet sie auch hier an: Der Kampf wird von nun an nicht mehr gegen die reguläre Armee, sondern gegen das ganze Volk geführt. Die Farmen werden verbrannt, die Herden getötet, die Brunnen verseucht, die Schwarzen bewaffnet und die Frauen und Kinder in Konzentrationslager gesteckt. In jenen Lagern versucht man durch Quälereien an den Frauen und Kindern, durch Hunger und Seuchen den Widerstand der noch immer kämpfenden Männer zu brechen. Mehr als 26.000 Frauen und Kinder gehen auf diese Weise zugrunde, während Ohm Krüger, nun schon fast erblindet, in Europa von Hauptstadt zu Hauptstadt eilt, um Hilfe zu holen. Aber es ist zu spät. Die englische Diplomatie hat gut gearbeitet. Die Regierungen wagen nicht zu tun, was der Mann auf der Straße stürmisch verlangt, nämlich den Buren Hilfe zu schicken: Der alte Mann wird überall abgewiesen. In der Schweiz findet Krüger schließlich ein Asyl, während es den Engländern gelingt, endlich jenen Frieden zu schließen, durch den die Selbstständigkeit der Burenrepubliken auf gehoben und das Land zu einem Bestandteil des englischen Imperiums gemacht wird. Vierzig Jahre sind seitdem vergangen - aber in der Weltgeschichte ist das eine geringe Zeit. Die Stunde des Gerichtes ist da. Vor diesem Gericht erscheint auch als Ankläger Ohm Krüger, um Sühne zu verlangen für die ungeheuren Opfer, die seinem Volk im Kampf gegen England auferlegt wurden.“

Einordnung

„Ohm Krüger“ gehört neben „Carl Peters“ zu den antibritischen Propagandafilmen der frühen Kriegszeit, in der sich Hitlers Hoffnung auf einen Separatfrieden mit dem Vereinigten Königreich nicht erfüllte. Entsprechend wurde England in diesem Werken „mit äußerst vulgären Klischees charakterisiert“. In „Ohm Krüger“ erscheint die britische Kolonialmacht als der „brutale Feind jeder Ordnung und Gesittung“, der jedes Mittel Recht ist, um den Kampf gegen das heldenhafte Burenvolk unter seinem patriarchalischen Führer Paul Krüger zu gewinnen, der als eine Geschichte machende und Hitler vorwegnehmende germanische Führergestalt erscheint, während seine englischen Gegenspieler allesamt kein Format haben und die Queen gar als „listige alte Hexe“ erscheint.

Im Winter 1939/40 war an bekannte Filmautoren sie als „streng vertraulich“ klassifizierte Aufforderung ergangen, Exposés für Filme „mit antienglischer Tendenz“ einzureichen, da solche aus „nationalpolitischen Gründen schnellstens“ gebraucht würden. Anfang Januar 1940 berichtete Tobis-Chef Ewald von Demandowsky dann an Joseph Goebbels, dass sich Emil Jannings für die Biografie des südafrikanischen Buren-Präsidenten Paul Krüger interessiere. Der vom Propagandaminister ohnehin hofierte Filmstar beschäftigte sich bereits seit den 1920er Jahren mit der Figur Krügers. Wenn beide auch nicht in allen Punkten übereinstimmten, erhielt Jannings, der sich mit der Idee des NS-Regimes identifizierte, die künstlerische Oberleitung bei der Produktion des Propagandafilms, den Regisseur Hans Steinhoff mit sichtbarer Sympathie für die preußisch gezeichneten Buren bebildert und dabei das Propagandaschlagwort vom „heuchlerischen, perfiden Albion“ kreierte. „Ich verfilmte Ohm Krüger, den legendären Führer der Buren, weil er dazu ausersehen war, einen Kampf zu beginnen, der in unseren Tagen vollendet wird“, schrieb Jannings.

Auch Goebbels zeigte sich ausweislich seiner Tagebücher zunehmend begeistert. Am 29. November 1939 notierte er: „Jannings entwickelt mir neue Filmstoffe. Einen sehr guten Ohm Krüger über den Burenkrieg.“ Am 31. August 1940 hieß es dann: „Jannings als Ohm Krüger gefällt Hitler sehr in der Maske.“ Mitte Dezember 1940 berichtete Goebbels, Jannings würde „wie besessen an seinem Burenfilm“ arbeiten. „Danach wird es ein ganz großer Wurf werden“, und bestätigte am 10. Februar 1941, nachdem er erste Auszüge gesehen hatte: „Sehr gut. Das wird ein Wurf.“ Und als am 5. März 1941 in den Grunewald-Ateliers eine erste Muster-Fassung vorgeführt worden war, kannte die Begeisterung des Propagandaministers kaum noch Grenzen, stellte das Werk in seinen Augen doch „alles bisher Dagewesene in den Schatten“. Am 16. März ergänzte er nach Abnahme der Endfassung: „Ein ganz großes, hinreißendes Kunstwerk. Spitzenleistung des ganzen Krieges. Das ist ein Film zum Rasendwerden.“ Nach der internen Uraufführung im Hause Goebbels am 2. April 1941 schwelgte der Hausherr weiterhin in höchsten Tönen: „Der Film ist einzigartig. Ein ganz großer Wurf. Alle sind hingerissen davon. Jannings übertrifft sich selbst. Ein Anti-Englandfilm, wie man sich ihn nur wünschen kann. Gauleiter Eigruber ist auch da und begeistert.“ Und im Rahmen der offiziellen Uraufführung vor geladenen Parteivertretern zwei Tage später beobachtete Goebbels schließlich „tiefste Erschütterung“, um einen Tag später zu ergänzen: „Ohm Krüger hat die Gemüter sehr erhitzt. Die Presse kritisiert fabelhaft. Einige verkalkte Bürokraten aus dem Auswärtigen Amt nehmen Anstoß. Sonst ist alles begeistert. Ich überreiche Jannings den neu geschaffenen Film-Ehrenring. Für seine großen Verdienste um die deutsche Filmkunst.“

Goebbels blieb mit seiner Begeisterung nicht allein. Am 12. Mai 1941 berichtete der Sicherheitsdienst der SS in seinen „Meldungen aus dem Reich“:

„Alle Berichte aus den verschiedenen Reichsgebieten bestätigen, dass der allgemeine Eindruck dieses Filmes die durch die starke Pressepropaganda hervorgerufenen außerordentlichen Erwartungen in allen Bevölkerungskreisen überboten habe. Man sehe in diesem Film die Spitzenleistung des laufenden Filmjahres und erkenne besonders an, dass in ihm politische Tendenz, künstlerische Gestaltung und schauspielerische Leistung in hervorragendem Maße zu einer Einheit gebracht worden seien. (…) Dass der Film während des Krieges fertiggestellt werden konnte, werte man als besonderen Beweis für die Leistungsfähigkeit der deutschen Filmproduktion.

Propagandistisch erfülle der Film vor allem für breitere Bevölkerungskreise zweifellos voll seine Aufgabe. Die Kriegsstimmung gegen England werde wesentlich gesteigert und vertieft, da der Film trotz starker filmischer Änderungen für breitere Besucherkreise doch eine Art Geschichtsdokument aus einem Abschnitt der englischen Kolonialgeschichte bilde. Vor allem jüngeren Besuchern sei erst durch den Film ein klares Bild vom Untergang des Burenvolkes vermittelt worden (…) Bestätigt werde die Wirkung dadurch, dass eine gesteigerte Nachfrage nach Literatur über die Buren und ihren Freiheitskampf festzustellen sei. (…). Die Darstellung der Brutalität Englands sei zweifellos von durchschlagender Wirkung gewesen, und der Aufbau der Handlung sei psychologisch außerordentlich geschickt auf die gegenwärtige Stimmung des deutschen Volkes gegenüber England abgestimmt worden. Darüber hinaus habe sich der Film nicht in einer negativen Propaganda erschöpft, sondern im Freiheitskampf des Burenvolkes – wenn auch in sehr stark heroisierender Form – ethische und völkische Werte zum Ausdruck gebracht. Als besonders eindrucksvoller Höhepunkt werden überall die Massenszenen mit der Erschießung der Burenfrauen bezeichnet. Der Film sei hier in seiner realistischen Darstellung bis an die Grenze des Erträglichen gegangen. (…) Von zahlreichen Besuchern aus allen Bevölkerungsschichten werde immer wieder geäußert, dass der Film zum ersten Mal in überzeugender Form den Beweis erbracht habe, dass gerade die besten filmkünstlerischen Mittel die propagandistische Wirkung besonders verstärken.“

Neben aller Begeisterung gab es jedoch auch Zurückhaltung und kritische Stimmen. Hierzu hieß es:

„Demgegenüber treten die kritischen Stimmen zahlenmäßig zurück, weisen jedoch nach Berichten aus verschiedenen Reichsgebieten immer wieder gleichlautend auf einige grundsätzliche Fragen hin. Zunächst werden einzelne Szenen als teilweise ‚zu dick aufgetragen‘ oder zu abstoßend bezeichnet, so z. B. die Verteilung von Gewehren und Gebetbüchern durch die englischen Missionare. Es bestehe Gefahr, dass durch solche propagandistischen Übertreibungen die Glaubwürdigkeit der historischen Filmhandlungen abgeschwächt werde. Nach den vorliegenden Berichten wird mehrfach vor allem von historisch unterrichteten Besuchern, aber auch von breiteren Besucherkreisen die Frage aufgeworfen, ob die teilweise stark propagandistisch-tendenziöse Darstellung des Filmes überhaupt nötig gewesen sei, da es sich beim Untergang der Buren rein historisch um eines der grauenhaftesten Kapitel englischer Brutalität gehandelt habe. Die Frage sei, ob eine noch stärkere historische Echtheit die gleiche, vielleicht noch überzeugendere Wirkung erreicht hätte. Nach dem Filmbesuch sei sehr oft festzustellen, dass man sich über einzelne tendenziöse Szenen nachträglich Gedanken mache, sie als geschichtlich unecht bezeichne und von ihnen aus dann auch größere Teile der Filmhandlung in ihrer historischen Echtheit anzweifle (…). Weiter wird von sachkundigen Besuchern und von Afrikakennern die Frage aufgeworfen, ob es zweckmäßig sei, das Burenvolk, das neben seinen rassisch guten Bestandteilen auch sehr starke negative Elemente aufweise, und charakterlich, wirtschaftlich und politisch eine durchaus nicht immer positive Rolle gespielt habe, in dieser Weise zu heroisieren. Der Charakter dieses Mischvolkes sei zwiespältig und könne schon im Hinblick auf die kolonialen Aufgaben Großdeutschlands nach dem Endsieg nicht als germanisches Idealbild herausgestellt werden.“

Fußnoten

[1] Alles Folgende nach Giesen/Hobsch, S. 308ff. und http://de.wikipedia.org/wiki/Ohm_Kr%C3%BCger_%28Film%29

zuletzt bearbeitet am: 26.03.2016

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