Die „Nebeltruppe“

Die „Nebeltruppe“ - auch „Werfertruppe“ genannt - war eine Truppengattung des Heeres der Wehrmacht. Ursprünglich zur chemischen Kriegsführung aufgestellt, umfasste die Einheit unter Beibehaltung des Namens auch die „Nebelwerfer“ genannte Raketenartillerie des Heeres, die ab 1941 immer stärker in den Mittelpunkt der Aufgaben rückte.

In einer 1965 bundeswehrintern erschienen Studie „Geschichte der Nebeltruppe“ schrieb Generalmajor a.D. von Blücher, der im Zweiten Weltkrieg als deren letzter Inspekteur tätig gewesen war, in einem erstaunlich unreflektierten und unkritischen, gerade deshalb aber wohl sehr zeittypischen Vorwort:

„Die Nebeltruppe war die Chemische Kampftruppe des Heeres; ihr waren zwei Aufgaben zugewiesen:

a) Die Ausbildung in der Abwehr feindlicher chemischer Kampfstoffe;
b) der Einsatz von Nebel-, Gas- und hochwertiger Brisanzmunition aus Werfern verschiedener Art und verschiedener Kaliber.

Die in allen kriegführenden Staaten vorsorglich betriebene Gasschutzausbildung kam im 2. Weltkrieg nicht zur praktischen Anwendung, weil beide Seiten den eventuellen gegnerischen Vergeltungseinsatz fürchteten. Alle Staaten hielten sich deshalb in dieser Hinsicht an die Vereinbarungen der Haager Konvention.

So verlagerte sich der Schwerpunkt auf den Kampfeinsatz der Werfer, deren Wirkung sich mit dem Fortschreiten des Krieges und der Entwicklung der Raketenwerfer ständig steigerte. Die Werferabteilungen, Werferregimenter und Werferbrigaden wurden aufgrund der sehr guten Kampferfahrungen mit der Werferwaffe laufend vermehrt. Die Planungsstellen des Oberkommandos des Heeres und die Industrieen aller Art wetteiferten im Erreichen der gesetzten Ziele, so dass die neuaufgestellten Werferabteilungen auf den Truppenübungsplätzen zusammengeschweißt und der kämpfenden Truppe an allen Fronten so schnell wie möglich zugeführt werden konnten.

Hier wurden sie in Angriff und Verteidigung zu den wirkungsvollsten Helfern der Infanterie. Wo auch immer an den Fronten die bordeaux-rote Farbe der ‚Werfertruppe‘ sich zeigte, wurde sie von den Kampftruppen freudig begrüßt. Die unwiderstehliche Wucht ihrer Feuerschläge an den Brennpunkten des Ringens entschied den Sieg oder entlastete die schwer ringende Infanterie in ihrem Abwehrkampf.

Die Niederlage unseres Vaterlandes beendete auch die Geschichte der jungen Nebeltruppe. Aufgabe di es e s Buches ist es, das Gedächtnis an ihre hohen Leistungen zu erhalten und kommenden Geschlechtern zu übermitteln.

‚Deutschland wird leben, auch wenn wir sterben müssen.‘“[1]

„Waffenheft des Heeres“: „Die Nebeltruppe“

Die „Waffenhefte des Heeres“ wurden zwischen 1940 und 1942 als Heftserie mit jeweils 36 Seiten vom Oberkommando des Heeres herausgegeben. Sie richteten sich als angebliche Informationsbroschüren speziell an „den deutschen Jungen“.

In einem Geleitwort zum hier vorgestellten Heft „Die Nebeltruppe“ schrieb der damalige Oberbefehlshaber des Heeres Walther von Brauchitsch einleitend: „Jeder echte deutsche Junge hat den brennenden Wunsch, einst als Soldat im Dienst für Führer und Reich seinen Mann zu stellen.“ Hierzu sei die richtige Wahl und damit eine genaue Kenntnis der einzelnen Wehrmachtsteile von entscheidender Bedeutung, denn: „Wer Soldat ist, muss seiner Waffe mit Leib und Seele verschworen sein und ihre Ehre zu seiner Ehre machen.“ Daher, so der Oberbefehlshaber des Heeres abschließend, sollten die „Waffenhefte des Heeres“ den „deutschen Jungen zeigen ,wie vielseitig der Dienst im Heere ist und wie jede Waffengattung zahlreiche Möglichkeiten der Ausbildung bietet, in denen die Fähigkeiten des einzelnen voll zur Geltung kommen können“.[2]

Folgende „Waffenhefte“ sind nachgewiesen:

- Schnelle Truppen Teil 1 - Panzer und Panzerjäger
- Schnelle Truppen Teil 2 - Schützen, Kradschützen, Panzerspähmänner, Radfahrer, Reiter
- Die Pioniere
- Die Infanterie - Grenadiere des Führers
- Die Eisenbahn-Pioniere
- Die Nachrichtentruppe
- Die Nebeltruppe
- Die Artillerie
- Heeresflakartillerie
- Die Infanterie - Königin der Waffen

Die Broschüre stellt die Nebeltruppe jedoch keineswegs als chemische Kampftruppe vor, sondern verharmlosend als eine Einheit, die im Kampfgeschehen Nebel zu erzeugen habe, um so eigene oder feindliche Stellung einzunebeln. Erst auf Seite 24 der Broschüre wird dann die „Entgiftungsabteilung“ erwähnt, deren Aufgabe es sei, „feindliche chemische Kampfstoffe“ abzuwehren. Über die Möglichkeiten, mittels der Nebeltruppe selbst chemische Waffen einzusetzen, wird hingegen kein Wort verloren.

Abschließend wird dann auf Seite 28 massiv für die „junge“ Waffengattung geworben. Sie sei der „wehrfreudigen deutschen Jugend“ als Waffe bislang wenig bekannt, sei aber mit ihren „vielseitigen Aufgaben“ hochinteressant und angesichts ihrer „hohen Anforderungen“ auch herausfordernd. Außerdem, so hieß es lockend, sei die Nebeltruppe in „neuzeitlich eingerichteten Kasernen“ untergebracht.

Fußnoten

[1] Hans Rielau (Oberstleutnant a.D.): Geschichte der Nebeltruppe. Hergestellt bei ABC- und Selbstschutzschule im Auftrag BMVtdg Fü H IV 1, o.O. (Köln), o.J. (1966), S. 5

[2] Da Walther von Brauchitsch am 19. Dezember 1941 offiziell als Oberbefehlshaber des Heeres entlassen wurde, muss das „Waffenheft“ zur Nebeltruppe vor diesem Zeitpunkt erschienen sein.

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