Zeitgenössische Kommentare
In einer Ankündigung des Terra-Filmverleihs heißt es:
„Der Herzog Karl Alexander braucht Geld, viel Geld, weil er jetzt keinen anderen Ehrgeiz hat, als es dem Hof von Paris nachzutun, Paradesoldaten aufzustellen, ein Ballett einzurichten und ein Luderleben zu führen. Die Landstände, an ihrer Spitze der Landschaftskonsulent Sturm, lehnen das Ansinnen ab. Also geht der Herzog zum Juden. Und dieser, Süß Oppenheimer, beschafft dem Herzog alles, kommt aber selbst dabei nicht zu kurz. Er bringt es bis zum schier allmächtigen Minister, wohnt in einem Schloss und hat eine Mätresse. Zu immer neuen Torheiten feuert er den Herzog an und entfremdet ihn so völlig seinem Volke. In seinem Übermut greift der Jude nach der Tochter des Landschaftskonsulenten Sturm. Als er das schöne Mädchen, das dem Aktuarius Faber versprochen ist, nicht gutwillig bekommen kann, nimmt er sich die Beute mit Gewalt. Er lässt den Vater und den Bräutigam des Mädchens einsperren, Dorothea kommt als Fürsprecherin zu ihm, und da geschieht das Verbrechen. Faber wird freigelassen, das Mädchen aber stürzt sich in den Fluss. Sein Opfertod bringt den schon lange glimmenden Brand des Aufruhrs zur Raserei. Im rechten Augenblick trifft den Herzog ein Schlaganfall, den Juden aber schleppt man vor den Richter und an den Galgen. Das ist die Geschichte vom Juden Süß, die noch heute in der Erinnerung lebendig ist und die nun - in einem aufwühlenden und packenden Film - gegenwärtig wird wie nie zuvor.“
Regisseur Veit Harlan berichtete 1940 in „Der Film“:
„Hier zeige ich das Ur-Judentum, wie es damals war und wie es sich heute noch ganz rein in dem einstigen Polen erhalten hat. Im Gegensatz zu diesem Ur-Judentum steht nun der Jud Süß, der elegante Finanzberater des Hofes, der schlaue Politiker, kurz: der getarnte Jude.“
Reichsfilmintendant Hippler äußerte nach der Vorführung des Films:
„Der Jude gezeigt als ein besonders korruptes Wesen, als Betrüger und Wucherer, kann für einen Arier nur Abscheu und physischen Ekel auslösen. Zwei Szenen des Films beeindruckten mich besonders ... die eine, in der der Rat Sturm sagt: ‚... meine Tochter wird nie jüdische Kinder in die Welt setzen! ...’, und die andere, als er, nachdem er Süß hinauswarf, das Fenster öffnete und ausrief: ‚... endlich ein bisschen frische Luft! ...’“
H.E. Fischer kommentierte 1940 in der Nr. 40 der „Deutsche Filmzeitung“:
„Schon anlässlich der Uraufführung während der deutschitalienischen Filmwoche in Venedig wurde dieses große und in seiner dramatischen Wucht und Wirkung aufrüttelnde Filmwerk ausführlich gewürdigt ... Im Ufa-Palast wohnte Reichsminister Dr. Goebbels der vor führenden Männern von Partei und Staat und zahlreichen deutschen Filmschaffenden stattfindenden geschlossenen Erstaufführung bei. Veit Harlan, der Schöpfer des Filmwerkes, Ferdinand Marian und Kristina Söderbaum konnten selbst erleben, wie tief diese Filmballade die Menschen aufwühlte, in der eine ferne Zeit in das Licht der Gegenwart gerückt wurde.“
A. Schmidt schrieb in der Folgenummer desselben Blattes:
„Die Geschichte vom Juden Süß Oppenheimer, der während der Regierungszeit des Herzogs Karl von Württemberg sich und seinen Stammesgenossen ein glänzendes Nest baute, bis ihn das empörte Volk an den Galgen lieferte, wurde unter der Spielleitung Veit Harlans zu einem starken Film von wahrhaftiger und außerordentlicher Wirkung ... Das Drehbuch von Veit Harlan, Eberhard Wolfgang Möller und Ludwig Metzger ist mit einer Sorgfalt aufgebaut worden, getreu den historischen Quellen, dass die Wirkung des Films im Empfinden des Beschauers der Wahrhaftigkeit des Geschehens voll und ganz Ausdruck verleiht ... In der Titelrolle entwickelt Ferdinand Marian den Jud Süß unübertrefflich in Maske und Ausdruck ... Hier haben wir es mit einer schauspielerischen Leistung zu tun, die geradezu von einer unheimlichen Größe und Stärke ist, die man nicht so leicht vergessen kann und wird ... Rechtschaffen und aufrecht steht daneben die Gestalt des württembergischen Landschaftskonsulenten Sturm, dem Eugen Klopfer Kraft und deutschen Mannesmut und Würde verleiht. Kristina Söderbaum zeichnet mit sehr zarten und feinen Strichen ein Mädchenschicksal, das zu einer erschütternden Anklage wird ... Das Berliner Publikum zeigte sich von dem Film außerordentlich stark beeindruckt.“
Joseph Goebbels nach der Berliner Filmpremiere am 24. September 1940:
„Ein ganz großes Publikum mit fast dem gesamten Reichskabinett. Der Film hat einen stürmischen Erfolg. Man hört nur Worte der Begeisterung. Der Saal rast. So hatte ich es mir gewünscht.“
Befehl des „Reichsführers SS“ Heinrich Himmler im Herbst 1940:
„Ich ersuche Vorsorge zu treffen, dass die gesamte SS und Polizei im Laufe des Winters den Film ‚Jud Süß‘ zu sehen bekommt.“
Der Sicherheitsdienst der SS hielt in seinen „Meldungen aus dem Reich“ am 28. November 1940 fest:
„Nach übereinstimmenden Berichten aus dem ganzen Reich findet der Film ‚Jud Süß‘ eine anhaltend außerordentlich zustimmende Aufnahme. Das Urteil über einen Film sei selten so einheitlich gewesen wie bei dem Film ‚Jud Süß‘, der zwar in der realistischen Darstellung abscheuerregender Episoden ungewöhnlich weitgehe, dabei aber künstlerisch vollauf überzeugend gestaltet und von einer Spannung sei, die einen nicht mehr loslässt.‘ Wie sich der Film als Ganzes stimmungsmäßig auswirke, komme in den spontanen Äußerungen zum Ausdruck: ‚Man möchte sich die Hände waschen.‘ […] Im Anschluss gerade an diese Szene [i. e. Einzug der Juden in die Stadt Stuttgart] ist es wiederholt während der Vorführung des Filmes zu offenen Demonstrationen gegen das Judentum gekommen. So kam es z. B. in Berlin zu Ausrufen wie ‚Vertreibt die Juden vom Kurfürstendamm! Raus mit den letzten Juden aus Deutschland!‘…“
Die „Zentral-Film-Gesellschaft Ost“ berichtete am 5. August 1943 im „Film-Kurier“:
„Den Aussagen von vielen Überlebenden in den Ostgebieten zufolge wurde der Film Jud Süß, wie auch der Herausgeber selbst feststellen konnte, im Osten immer dann, wenn eine ‚Aussiedlung’ oder Liquidation im Ghetto bevorstand, der „arischem Bevölkerung gezeigt. Wahrscheinlich erachtete man es für ein gutes Mittel, jeder Hilfe seitens der nichtjüdischen Bevölkerung vorzubeugen.“