Einordnung
In „Drei Unteroffiziere“ stehen nicht, wie für militaristische NS-Filme sonst üblich, die Luftwaffe oder die Marine im Mittelpunkt, sondern die Infanterie. An der Oberfläche vertritt der Film die gewöhnliche Ideologie über Frontkameradschaft, Moral und Dienst am Vaterland, aber der subversive Held des Films entspricht, gerade zum Ende hin, nicht der üblichen Figurenzeichnung. Rauschers Entscheidung gegen die Liebe und für den Wehrdienst scheint ihn keineswegs glücklich zu machen. Darum kann der Ausgang der Geschichte durchaus auch als Kritik an der stets eingeforderten Pflichterfüllung interpretiert werden. Was wie Propaganda für die Pflichterfüllung erscheinen mag, ist auch als Protest im Namen der Liebe zu deuten.
Frank Arnold kommentierte 1989 in „Europa 1939. Filme aus zehn Ländern“: „Mit den Bildern marschierender Soldaten schließt sich am Ende ein Kreis. Nichts ist in Butter. Das letzte Mal, dass wir Rauscher sahen, auf der Plattform des Zuges, sahen wir einen Gebrochenen, einen lebenden Toten, einen, der - wie James Stewart am Ende von „Vertigo“ - im nächsten Augenblick springen könnte. Mit so einem ist kein Staat zu machen, kein Krieg zu führen.“
Guido Altendorf kommentierte 2014: „Die damalige Werbung wies darauf hin, dass nun endlich ein Film über die Infanterie entstanden sei. Sie betonte das Militärische, was den Film nur bedingt beschreibt, und ließ dabei einen anderen, ebenfalls mit dem Prädikat „staatspolitisch wertvoll" ausgezeichneten Infanterie-Film, außer Acht. Drei Unteroffiziere gleicht einer Fortsetzung des Films Soldaten - Kameraden aus dem Jahr 1936. Anhand beider Filme ließe sich die sprunghafte Entwicklung des in der Weimarer Zeit sehr beliebten, im NS-Kino nur kurzzeitig bedienten Genres des Kasernenhof-Films nachvollziehen. Soldaten - Kameraden kam kurz nach Einführung der Wehrpflicht ins Kino. Es steht das Erziehungsmotiv im Vordergrund: „...reicher, verwöhnter Junge wird beim Militär zum Mann". Klassenschranken und regionale Herkunft werden durch den gemeinsamen Dienst in der Wehrmacht überwunden. Diese Motive spielen in Drei Unteroffiziere keine Rolle mehr. Hier muss unter den Soldaten nichts mehr ausgeglichen werden. Die Soldaten und ihre Vorgesetzten agieren auf Augenhöhe. Von Erziehungsmaßregeln erzählt der Film deshalb nur in Nebenszenen, etwa wenn darauf verwiesen wird, dass der ältliche, weinerliche Theatermann, der eingezogen werden soll, in der Wehrmacht den nötigen Schliff erhielte.
In Soldaten - Kameraden wie auch in Drei Unteroffiziere leistet die Wehrmacht neben ihren militärischen Übungen zivile Dienste. In Soldaten - Kameraden unterstützt sie die Feuerwehr, in Drei Unteroffiziere das Städtische Theater. In beiden Filmen wird ein Manöver inszeniert. In Drei Unteroffiziere halten diese Szenen allerdings die Story unangemessen lange auf. Da es unter den Soldaten keine Konflikte gibt, darf der Zuschauer ihnen lediglich beim Kriegsspielen zuschauen, ohne dass die Geschichte voranschreiten würde - ein dramaturgisches Manko.
Die während des Kriegs entstandenen Soldatenfilme haben ein anderes Gesicht. Liebesgeplänkel und Dialoge über den Sinn oder Unsinn eines Dienstes in der Wehrmacht wie in Drei Unteroffiziere gibt es in diesen Filmen nicht mehr. Auch werden die militärischen Pflichten der Männer nicht mehr in Frage gestellt. Der Dienst an der Front ist gesetzt, ihm hat sich alles unterzuordnen. Nur noch den Frauen ist es gestattet, unter der Trennung vom geliebten Mann zu leiden. In Drei Unteroffiziere leidet aber vor allem der Mann. Die äußeren Konflikte werden zugunsten eines inneren Konflikts vernachlässigt: Für Unteroffizier Rauscher stellt nicht die Wehrmacht, sondern die Frau, die er liebt, eine Pflicht dar. Nur ein Kamerad kann ihn gewaltsam davon abhalten, das Militär zu verlassen. Dass überhaupt an ein Desertieren gedacht wird, ist im NS-Kino eine Grenzüberschreitung.
Die Frau, in die sich Rauscher verliebt hat, wird nicht als ein verhängnisvoller Vamp inszeniert. Auch sie wird von einem väterlichen Kollegen davon abgehalten, mit Rauscher ein gemeinsames Leben zu beginnen. Dieser Freund ist kein „staatspolitisches Sprachrohr", das an Rauschers militärische Pflichten erinnert. Vielmehr bringt er die Karrierewünsche der Frau ins Spiel. Interessanterweise bemüht Drei Unteroffiziere in diesem Zusammenhang nicht das im NS-Kino so beliebte Opfermotiv: Die Liebesgeschichte wird aus Vernunft beendet. Fast mutet es an, als würde ein anderer Film angekündigt, wenn die zeitgenössische Werbung schreibt: ‚...die Wehrmacht mit ihrer eisernen, unumstößlichen, dem realen Leben zugewandten Disziplin. Jugend beherrscht diesen Film, gestählte, männlichste, mutvolle Jugend, die um ihre Ideale und Kameraden mit einer Selbstlosigkeit kämpft, wie sie nur innerstem Verbundensein und echtester Kameradschaft entspringen kann. (...) Ein Ufa-Film, der einen tiefen Einblick in das Leben unserer Wehrmacht gewährt, aber in seiner Handlung und tieferen Bedeutung vielen anderen Unterhaltungsfilmen weit voraus ist.‘“
Werner Hochbaum wurde nach Abschluss der Dreharbeiten aus der Reichsfilmkammer ausgeschlossen. Mit Schreiben vom 21. Juni 1939 wurde ihm „bis auf weiteres jegliche Tätigkeit im deutschen Film untersagt“ und nahegelegt, sich freiwillig zur Front zu melden, woraufhin er tatsächlich am 29. November 1939 eingezogen wurde. Seine Regiearbeit wurde dabei offenbar recht unterschiedlich eingeschätzt. Während sie seitens des Propagandaministeriums gelobt wurde, war die Abteilung „Propaganda“ beim Oberkommando der Wehrmacht von dem Film weniger erbaut. „Ein ehrverletzendes Produkt und die gröbste Schädigung des Ansehens der Wehrmacht, insbesondere des Unteroffizierskorps“, hieß es in einer Beurteilung.[2]
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Aufführung vom Oberkommando der alliierten Siegermächte unter Verbot gestellt. Heute liegen die Auswertungsrechte bei der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, die die Vorführung dieses Vorbehaltsfilms nur im Rahmen spezieller Bildungsveranstaltungen ermöglicht.