Einordnung
Laut Einschätzung der Murnau-Stiftung ist „Himmelhunde“ in erster Linie „ein Film über die Hitlerjugend“, in der „die jungen Segelflieger spielerisch auf ihre späteren Aufgaben in der Luftwaffe vorbereitet“ würden. „Disziplin und Kameradschaft sind die wichtigen Grundsätze, die der Film transportieren sollte. Ideologiekritisch zu betrachten ist wie beim Großteil der NS-Filmproduktionen das Motiv der absoluten Aufopferungsbereitschaft des Einzelnen für die Gemeinschaft. Wer zuerst an sich selbst dachte und Befehle hinterfragte, hatte in ihr nichts zu suchen. Von Normans Film besteht aus Dokumentaraufnahmen, die an Ort und Stelle gedreht wurden. Wie schon in „Hitlerjunge Quex“ spielt die Hitlerjugend sich hier selbst.“
Das Deutsche Historische Museum urteile 2012 im Rahmen seiner Filmreihe „Unter Vorbehalt“ über „Himmelhunde“: „Mit dem Aufbau der Luftwaffe und der Vorbereitung des Krieges ging im ‚Dritten Reich‘ die vormilitärische Ausbildung von Jugendlichen in der Flieger-HJ einher. Ihre Mitglieder wurden im Bau von Modellflugzeugen und in den Grundlagen der Luftfahrt unterrichtet und ab 1943 auch als Luftwaffenhelfer eingesetzt. Außerdem veranstaltete die Flieger-HJ Wettkämpfe im Segelflug. Davon erzählt ‚Himmelhunde‘, als Deutschland im Luftkrieg gegen England bereits hohe Verluste erlitten hatte. (…) Ohne den militärischen Hintergrund auch nur zu erwähnen, schreibt der „Berliner Lokal-Anzeiger“ am 2. April 1942 nach der von hohen Vertretern des NS-Fliegerkorps besuchten Premiere: ‚Ein schöner schlichter Film um die Ausbildung des fliegerischen Nachwuchses, gedreht in einem Zeltlager auf schwäbischen Felshöhen. (...) Das Schweben der sonnenbeleuchteten Segelflugzeuge an dem hohen heiteren Himmel verfehlt auch diesmal seine Schönheitswirkung nicht.‘“[2]
Ausführlich setzte sich Bernd Kleinhans mit dem Film auseinander. Er schreibt zum Thema „NS-Propagandafilm für die Jugend“: „Zwischen 1933 und 1944 wurde eine Reihe von Propagandafilmen produziert, die sich speziell an ein jugendliches Publikum wandte. Sollten diese Filme zunächst allgemein für die Ideologie des Nationalsozialismus werben, stand mit Kriegsausbruch die psychologische Vorbereitung auf den Kriegsdienst im Mittelpunkt. Zu diesen Filmen zählt auch ‚Himmelhunde‘, der 1942 in die Kinos kam. Er spielt im Segelfliegermilieu der Hitlerjugend. Mit ihm sollten junge Menschen für die Luftwaffe begeistert werden und zugleich von der Notwendigkeit absoluten Befehlsgehorsams überzeugt werden.“ Mit dem Einsatz von echten Hitlerjungen habe der Film besonders authentisch wirken sollen. Mit „Himmelhunde“, so zitiert Keinhans die NS-Propaganda, sei der Versuch unternommen worden, „die Jugend selbst spielen zu lassen“. Die tragenden Rollen allerdings waren nicht mit Laien besetzt.
Kleinhans weiter: „Wie bei nationalsozialistischen Propagandafilmen üblich, wurde auch die Aufführung der Himmelhunde zu einer pompösen Parteiinszenierung genutzt. Der Ufa-Palast in Stuttgart wurde eigens mit NS-Symbolik ‚geschmückt‘. Im Vorraum des Kinos wurde ein originales Segelflugzeug aufgebaut, ‚Ehrenstürme‘ des NSFK (Nationalsozialistisches Fliegerkorps) und der Hitlerjugend marschierten in Formationsstärke auf. Von der Bühne begrüßte das ‚Jungvolk‘ mit Fanfarenklängen die anwesende Partei- und Politprominenz, die sich reichlich eingefunden hatte. Allen voran der württembergische Gauleiter und Reichsstatthalter Murr, der Befehlshaber des Wehrkreises V, General Oßwald, NSDAP-Kreisleiter Fischer, der Stuttgarter Oberbürgermeister Strölin und andere. Zynisch genug: Als Vorfilm läuft ‚Außer Gefahr‘, ein Film über Flugabwehr und die Evakuierung von Kindern aus den bombenbedrohten Städten.“
Zur „Propaganda im Film“ im Film heißt es weiter: „Die propagandistische Absicht spricht der Film in einer Sequenz mit erstaunlicher Offenheit aus. Ein hoher NS-Funktionär wendet sich an die versammelten Segelflieger der Hitlerjugend: ‚Der beste Nachwuchs für die beste Luftwaffe der Welt. Denn die Segelflieger sind die Kampfflieger von morgen.‘ Ganz im Sinn des propagierten Ideals eines draufgängerischen künftigen Bomber- oder Stukapiloten haben die jungen Segelflieger im Film auch ihre eigene Hymne: ‚Mit einem Flieger ist das nicht zu machen – denn es gibt doch keinen, der ihn unterkriegt.'
Mit Himmelhunde sollte den jungen Kinozuschauern aber auch die Notwendigkeit absoluter Disziplin vermittelt werden. Denn Nachdenken über die verbrecherischen Befehle konnte das NS-Regime 1942 noch weniger gebrauchen als zuvor. Gerade wegen des unbedingten Befehlszwangs und Drills gab es in der HJ verbreitet Unzufriedenheit. Für viele Jugendliche war die HJ in der Frühzeit vor allem wegen der sportlichen, technischen Aktivitäten und dem Gemeinschaftserleben attraktiv. Mit der Installierung der Hitlerjugend als Zwangsorganisation aller Jugendlichen und ihrer – besonders nach Kriegsbeginn – immer stärkeren Ausrichtung auf vormilitärische Ausbildung wuchs der Druck. Viele empfanden die Mitgliedschaft in der HJ vor allem als Zwang.
Der propagandistisch raffinierte Trick an ‚Himmelhunde‘ ist, dass diese Unzufriedenheit in einer erstaunlich offenen Weise thematisiert wird: Als Hitlerjunge Werner wegen seines Befehlsverstoßes seine Flugerlaubnis entzogen bekommt, stellt er mit deutlichen Worten das ganze Befehlssystem der HJ in Frage. Er habe, als er die Maschine gegen das Verbot geflogen und gesiegt habe, das für die Kameraden getan. Das sei besser als nur Befehle zu befolgen. ‚Ich mach nicht mehr mit, ich will raus aus der HJ‘, verkündet er von der Leinwand. Und er formuliert Kritik an seinen Vorgesetzten, denen ‚Disziplin alles, und Kameradschaft nichts ist‘. Kameradschaft sei in der HJ nur ein ‚Schwindel‘, in Wahrheit laufe alles nur nach dem Motto: ‚Befehl ist Befehl, und wenn er noch so saudumm‘ ist. Eine Kritik, die freilich in der realen HJ kaum offen ausgesprochen werden konnte – ebenso wenig wie ein Austritt aus dem Zwangsverband Hitlerjugend möglich gewesen wäre. - Den jungen Zuschauern mit ihrer latenten Protestneigung wird durch die Identifikationsfiguren auf der Leinwand ein Ventil gegeben.
Freilich wird in ‚Himmelhunde‘ auch die mögliche Kritik an der HJ in den Rahmen der nationalsozialistischen Weltanschauung integriert. Dazu werden alle möglichen Konflikte auf einen Grundsatzkonflikt zwischen ‚Kameradschaft und Disziplin‘ reduziert, um diesen dann in einer NS-typischen Scheinlösung aufzuheben. Denn der Befehlende, so wird an Werners Vorgesetztem Kilian gezeigt, sei immer der, der voraussieht und seine ‚Befehle nicht zum Spaß gibt‘. Nur durch seine Führung werde die Kameradschaft überhaupt zusammengehalten.
Ohne dass es auch nur ansatzweise psychologisch plausibel gemacht wird, beugt sich Werner schließlich dem Disziplingebot seines Führers und kehrt in die Fliegergemeinschaft zurück. Die Kamera zeigt die nun wieder fröhlich versammelten Hitlerjungen gemeinsam mit ihrem Führer Kilian beim Neubau eines Segelfliegers: Bedingungslose Unterordnung unter einen Befehl und das glückliche Aufgehobensein in einer Gemeinschaft, so die beabsichtigte Wirkung der Bilder, sind kein Widerspruch, sondern setzen sich gegenseitig sogar voraus. Nicht die Logik, sondern die Emotionen der jungen Menschen im Kino werden hier angesprochen. NS-Führer Kilian kann dann solchermaßen durch die Filmhandlung vorbereitet mit aller Deutlichkeit die NS-Moral formulieren: ‚Schweinehunde, die erst nach den Gründen eines Befehls fragen, anstatt ihn unter allen Umständen auszuführen, können wir nicht brauchen.‘“