Zeitgenössische Kommentare
Im Presseheft des Tobis-Filmverleihs wurde der Film so vorgestellt:
„Film als Deuter der Geschichte - Randbemerkungen zu OHM KRÜGER. Der Film hatte sich, kaum dass die ersten Kinderschritte in die Bezirke einer geschmeidigeren Technik zurückgelegt waren, bereits der Historie bemächtigt. Der große Schauspieler, der ahnungsvolle Regisseur, der bemühte Pionier hatten erkannt, dass es mit den einaktigen Grotesken und Fünfminutendramen, den Eifersuchtskomödien und den Sentimentalitäten vom verwaisten Försterstöchterlein, das sich nach der Verführung verzweifelt und lebensüberdrüssig in den Bach werfen wollte, auf die Dauer nichts auf sich haben könne. Am Anfang einer bewussteren künstlerischen Bemühung des Films stand das historische Werk. Nicht von ungefähr. Die Geschichte lieferte die interessanten Konflikte und mehr noch: den eindrucksvollen, den malerischen Hintergrund. (...) Die Gegenwart sieht Vergangenes um vieles richtiger als der Geschichtsschreiber der damaligen Zeit, denn er hat den ungeheuren Vorteil der Distanz, er überblickt ein weites Feld und schwankt nicht zwischen den Parteien. Das Vergangene ist niemals um des Vergangenen willen darzustellen, sondern um des Gegenwärtigen willen. Nur so kann der historische Film ein künstlerisches Maß erreichen.
Der Ohm Krüger der Burenkämpfe in Südafrika, der Gegenspieler Cecil Rhodes’ und Kitcheners erfasste instinktiv die Raubgier Englands und trat der Unterdrückung, dem brutalen Egoismus, der widerlichsten Heuchelei entgegen. Der heutige Ohm Krüger des Films hat ein Jahrhundertsystem der Ausbeutung, Knebelung und englischen Unmenschlichkeit festzunageln. Der heutige Geschichtsschreiber Film bestätigt das von der Geschichte selbst gesprochene Urteil.“
Weiter hieß es in dem Presseheft:
„Blut für Gold! Was Churchill im Burenkrieg lernte. - Am 15. Oktober 1899 nahmen die Buren einen Panzerzug der Engländer weg, der aus Richtung Colenso fuhr. Sein ‚Inhalt’ bestand aus Dubliner Füsilieren, und unter ihnen befand sich Winston Churchill, der nachmalige Kriegshetzer gegen Deutschland. Da er in Uniform und mit Pistole in der Hand angetroffen wurde, schickte man ihn mit den Kriegsgefangenen nach Pretoria. Hier gab der nachmalige englische Ministerpräsident sein Ehrenwort, nicht zu entfliehen. Als Wortbrüchiger hat er sich dann trotzdem durch Flucht dem wohlverdienten Aufenthalt in dem Gefangenenlager entzogen.
Mit welcher Gesinnung W. C. damals nach Südafrika gekommen war, geht aus seinen Kriegsberichten hervor, die er für die Londoner ‚Morning Post’ schrieb. Da heißt es u. a.: ‚Es gibt nur ein Mittel, den Widerstand der Buren zu brechen, und das ist die härteste Unterdrückung. Mit anderen Worten: Wir müssen die Eltern töten, damit ihre Kinder vor uns Respekt haben!‘ Die Verkommenheit solcher Gesinnung gleicht der Lumperei, aus der heraus er sein Ehrenwort brach, und der vertierten Brutalität, mit der England daran ging, das Bauernvolk der Buren wegen Gold und Diamanten dem Tode zu überantworten und seine Frauen und Kinder in Lagern dahinsterben zu lassen.
Niederländer, Deutsche und französische Hugenotten hatten am Kap der Guten Hoffnung sich angesiedelt und das Land urbar gemacht. Den Holländern wurde diese Kolonie nach den napoleonischen Kriegen von den Briten genommen, und die Buren - so nannte sich die südafrikanische Bevölkerung - wurden gezwungen auszuwandern. Sie gründeten den Oranjefreistaat und Transvaal. Als aber im Kimberleydistrikt Diamanten gefunden wurden, erhob England sofort Ansprüche auf dieses ihm nicht gehörende Gebiet. Die burische Nachbarrepublik Transvaal wurde von dem englischen Missionar Shepstone, einem typischen Vertreter der politischen Raffgier, überfallen, doch die Buren unter Führung Ohm Krügers - der damals noch Paul Krüger hieß - schlugen die Engländer am Lainings Reck und am Majubaberg. Inzwischen war im englischen Kapland der Spekulant und Imperialist Cecil Rhodes mächtig geworden. Die Diamanten und das Gold der Burenrepubliken lockten. Er tat sich mit Joe Chamberlain, dem Vater des Kriegshetzers Neville Chamberlain, zusammen, und die Welt hallte wider von den lügnerischen Anklagen der Briten. Aber ein Einfall unter Jameson wurde abgeschlagen, Jameson durch Ohm Krüger freigelassen und nicht, wie es doch völkerrechtlich begründet gewesen wäre, als Räuber zur Kugel verurteilt.
Das fromme England aber stand auf Seiten Jamesons! Im Jahre 1899 war England endlich so weit; den Burenrepubliken wurde der Krieg erklärt, weil Britanniens Gier nach den Erdschätzen unersättlich war. Heldenhaft setzte sich das Burenvolk Ohm Krügers dem britischen Expeditionskorps unter Lord Roberts zur Wehr, und was dieser nicht fertig brachte, musste sein Nachfolger Lord Kitchener vollenden. Er war der Methodiker der Ausrottungsfeldzüge, er hatte die Mahdis im Sudan zu Zehntausenden niedermetzeln lassen, jetzt ging er daran, das Burenvolk zu morden, weil er unfähig war, seine Helden im Felde zu besiegen. Das Vieh wurde erschlagen, die Weizenernte vernichtet, die burischen Farmen niedergebrannt, und endlich wurden Frauen und Kinder der Buren in so genannte Camps gebracht, wo sie dem Hunger erlagen.
Erschütternde Berichte kennzeichnen die britischen Gräuel, die die Engländer verübten. Niemals vorher kennt die Geschichte ein grauenhafteres Beispiel für die Art, wie eine weiße Nation, die britische, aus plutokratischer Habsucht ein weißes Bauernvolk gemeuchelt hat. Die Zustände waren so furchtbar, dass selbst Lloyd George am 18. Februar 1901 im Unterhaus über die Verwüstung der Burenrepubliken zeterte und sagte: ‚Das ist kein Krieg gegen Männer, sondern gegen Frauen und Kinder“, und der Abgeordnete Dillon erklärte am 26. Februar 1901 an derselben Stelle: „Gibt es in der ganzen Kriegsgeschichte etwas, was solcher Grausamkeit und Niedertracht zu vergleichen wäre?‘
Der diesen Raubfeldzug mitmachende Churchill aber schrieb, nur die härteste Unterdrückung, die Tötung der Bureneltern könne den Kindern Respekt vor den Briten beibringen! In den Konzentrationslagern gingen mehr als ein Viertel aller Insassen zugrunde, und zwar nach amtlichen englischen Angaben 4.100 Frauen, 22.000 Kinder, 1.600 gebrechliche, alte Männer! Ein Denkmal zu Bloemfontein hat diesen Schandfleck Englands verewigt. Der britische Arzt Condal Franks sagte damals: ‚Je mehr von ihnen sterben, desto besser!‘ Das Wort wird heute abgewandelt: ‚Der beste Deutsche ist für England der tote Deutsche!‘
Derselbe Churchill, der in Südafrika lernte, wie seine Worte, die Buren auszurotten, befolgt worden sind und wie unter humanschillernden Phrasen der englischen Gewalthaber die tiefste englische Gemeinheit auf ein aus bloßer Raubgier überfallenes Volk losgelassen wurde, derselbe Churchill steht heute als Ministerpräsident an der Spitze Albions. Wir kennen seine Methoden und die seiner plutokratischen Clique, denen unser Kampf gilt bis zur Vernichtung.“
Emil Jannings selbst schrieb im Dezember 1940 in der „Filmwelt“:
„Als ich den Plan zum Ohm Krüger-Film fasste, wurde ich von dem Gefühl geleitet, dass hier ein Menschenschicksal nach Form und Deutung verlange, das unserem Volke in seinem jetzigen Lebenskampf viel bedeuten könnte. Jetzt, wo ich mich tief in diese Arbeit eingelebt habe, sehe ich, dass meine Vision richtig gewesen ist. Ohm Krüger wird weder eine der üblichen historischen Filmbiographien noch ein bunter Bilderbogen von vergänglichem Spannungsreiz. Der Stoff zu diesem Film ist, obwohl die geschilderten Vorgänge mehr als ein Menschenalter zurückliegen, von tiefster Aktualität. Damals, vor vierzig Jahren, haben nur wenige den Sinn des Kampfes begriffen, in dem das kleine Volk der Buren, nicht mehr als 170.000 Menschen stark, gegen das weltumspannende Britenreich antrat. Heute sehen wir klarer: Dort unten in Südafrika wurde zum ersten Male der Funke des Widerstands gegen die Methoden der britischen Machtpolitik entflammt und zu sichtbar hellem Feuerzeichen angefacht. Die Welt wurde aufmerksam, Englands heuchlerische Maske erschien zum ersten Male im scharfen Licht der Wahrheit. Paul Krüger, der alte, würdige Herr im Gehrock und Zylinder, der damals in Europa vergeblich nach wirksamer Hilfe für sein verzweifelt kämpfendes Volk suchte, ist tatsächlich der erste Mann gewesen, dem es gelang, der Welt die Augen zu öffnen und ihr die wahre Natur des britischen Imperialismus zu zeigen. Der schlichte, schwerblütige Mensch aus brandenburgischem Bauernblut, der in seiner abenteuerlichen Jugend wohl gelernt hatte, wie man Löwen jagt und Wilde bändigt, sah sich jetzt in seinem Alter genötigt, gegen die Brutalität und Verschlagenheit eines Weltreichs anzugehen. Er hat niemals den krankhaften Ehrgeiz der Berufspolitiker gespürt, vielmehr wurde er zur Politik von seinem Volke berufen und hat erst als reifer Mann, mit politischen und militärischen Führungsaufgaben betraut, mühsam genug die Elemente der Bildung nachgeholt, zu der ihn sein Jugendleben nicht hatte kommen lassen. Dennoch war dieser urwüchsige, kraftstrotzende Mann mit seinen guten natürlichen Geistesgaben, mit bäurischer Schlauheit und hartnäckigem Trotz, mit seinem unbestechlichen Rechtsgefühl und seiner unbeugsamen Zuversicht, für die gerissenen Briten ein schwerer und zäher Gegner. Die Völker Europas begriffen instinktiv die Wahrheit seiner prophetischen Worte: dass einst Dynastien und Staaten an England sterben würden; aber die Regierungen speisten ihn mit unverbindlichen Redensarten und leeren Versprechungen ab. So erlag denn das Burenvolk - nicht der militärischen Macht Englands, sondern der grauenvollen Würgepolitik, dem Hunger, den Seuchen, den Konzentrationslagern, in denen damals sechsundzwanzigtausend Frauen und Kinder auf elende und erbärmliche Weise hilflos umgekommen sind. Es waren die gleichen Methoden, die England dann gegen unser deutsches Volk angewendet hat. Und es ist im Grunde noch der gleiche Kampf, den wir heute zum siegreichen Ende führen. Paul Krüger war - und darin liegt seine Bedeutung für uns - der erste bewusste Vorkämpfer gegen England. Er hat den Kampf aufgenommen, nicht weil er sich dabei irgendeinen Vorteil für sein Volk herausgerechnet hätte, sondern in der hellsichtigen Erkenntnis eines unabwendbaren Schicksals, das er mit heroischer Gelassenheit auf sich nahm.
Den damals kaum verstandenen Sinn dieses tragischen Geschicks im nachschaffenden Spiel heute allen deutlich sichtbar zu machen ist eine wunderbare und dankbare Aufgabe für einen Menschendarsteller. Diese Aufgabe ist umso fesselnder, als in der schlichten Seele Ohm Krügers, der ja weit entfernt war von aller begrifflichen Schulung, sich der Durchbruch vom Erleben seines Schicksals zum Erkennen seiner historischen Sendung mit elementarer Wucht vollzog, wie das seiner urwüchsigen patriarchalischen Einfachheit entsprach. In seiner Auseinandersetzung mit dem fanatischen schlauen Imperialisten Cecil Rhodes spricht Paul Krüger das auch in unserm Film aus: ‚Für jedes Volk hat die Weltgeschichte eine Aufgabe - vielleicht ist uns Buren die Aufgabe zugedacht, nur ein Beispiel zu geben.’
Ein Beispiel vor allem für uns Deutsche, die nun den Kampf gegen Englands Imperialismus zu Ende führen. Die neuere Geschichte hat nur wenige Gestalten hervorgebracht, die in ihrer schlichten Monumentalität dem Schauspieler so dankbare Rollen bieten wie Ohm Krüger. Diese Gewissheit hat sich in mir während der monatelangen sorgfältigen Vorarbeit immer mehr gefestigt. Und jetzt bei der Filmarbeit ergreift und begeistert uns die Größe des dramatischen Vorwurfs immer aufs Neue - Gesamtregie führt Flans Steinhoff, mit dem mich seit Der alte und der junge König eine enge künstlerische Gemeinschaft verbindet.
Ich glaube, dass die dichterisch-gedankliche Grundsubs- tanz des Stoffes eine überzeitliche Gültigkeit für unser deutsches Volk beanspruchen kann. Nur aus solchen Stoffen aber auch können, wenn sie mit Begeisterung, Verantwortungsbewusstsein und Sorgfalt gestaltet werden, nationale Filmwerke von bleibendem Wert entstehen. Eben weil ich seit langem glaube, dass eine klassische Zeit des deutschen Nationalfilms beginnen wird, habe ich mir die Aufgabe gestellt, in der Stunde der deutschen Abrechnung mit England das Schicksal Ohm Krügers jedermann in die Erinnerung zurückzurufen und das Walten der historischen Gerechtigkeit auch in unserem sinngebenden Spiel eindringlich fühlbar zu machen.“
Hans Steinhoff kommentierte 1941 im „Völkischen Beobachter“:
„Die Idee, den Film zu drehen, stammt von Jannings. Vor einem Jahr ungefähr lud er mich nach Sölden ein, wo er gerade die Geierwally drehte. Der Inhalt dieses Films bezieht sich auf eine Figur wie „Krüger“. Schon beim Lesen der Geschichte habe ich eine solche Begeisterung gefühlt, dass ich sofort an Jannings telegrafierte, um ihn zu beglückwünschen und ihm zu sagen, dass kein anderer als er die Figur des Helden der Buren besser verkörpern könnte. Während der Dreharbeiten war ich nie allein gelassen mit den verschiedentlich auftauchenden Problemen, sondern hatte immer Jannings an meiner Seite mit seinen wertvollen Ratschlägen. Aus dieser Zusammenarbeit ist wirklich ein wertvoller, großer Film entsprungen, der bereits die Grenzen des Reichs übersprungen hat. Die geschichtlichen Wahrheiten wurden rigoros respektiert und nichts wurde hinzugefügt oder aus politischen Gründen geändert.“
Und in der Nummer 3196 des „Illustrierter Film-Kurier“ hieß es anlässlich der Uraufführung:
„Ein neuer Mann übernimmt die Leitung der Operationen, nämlich Kitchener. In Indien und Ägypten hat er seine Methoden ausgebildet, und er wendet sie auch hier an: Der Kampf wird von nun an nicht mehr gegen die reguläre Armee, sondern gegen das ganze Volk geführt. Die Farmen werden verbrannt, die Herden getötet, die Brunnen verseucht, die Schwarzen bewaffnet und die Frauen und Kinder in Konzentrationslager gesteckt. In jenen Lagern versucht man durch Quälereien an den Frauen und Kindern, durch Hunger und Seuchen den Widerstand der noch immer kämpfenden Männer zu brechen. Mehr als 26.000 Frauen und Kinder gehen auf diese Weise zugrunde, während Ohm Krüger, nun schon fast erblindet, in Europa von Hauptstadt zu Hauptstadt eilt, um Hilfe zu holen. Aber es ist zu spät. Die englische Diplomatie hat gut gearbeitet. Die Regierungen wagen nicht zu tun, was der Mann auf der Straße stürmisch verlangt, nämlich den Buren Hilfe zu schicken: Der alte Mann wird überall abgewiesen. In der Schweiz findet Krüger schließlich ein Asyl, während es den Engländern gelingt, endlich jenen Frieden zu schließen, durch den die Selbstständigkeit der Burenrepubliken auf gehoben und das Land zu einem Bestandteil des englischen Imperiums gemacht wird. Vierzig Jahre sind seitdem vergangen - aber in der Weltgeschichte ist das eine geringe Zeit. Die Stunde des Gerichtes ist da. Vor diesem Gericht erscheint auch als Ankläger Ohm Krüger, um Sühne zu verlangen für die ungeheuren Opfer, die seinem Volk im Kampf gegen England auferlegt wurden.“