Schulische Wehrerziehung im Krieg

Kaum hatte der Krieg begonnen, wurde die Wehrerziehung auch in den Schulen noch weiter intensiviert und erstreckte sich auf das gesamte schulische Leben. So berichtete der „Westdeutsche Beobachter am 7. November 1939 über Sinn und Formen „körperlicher Ertüchtigung“ und stellte dabei klar und deutlich fest, dass der Schwerpunkt des Sportunterrichts eindeutig die Wehrerziehung sei: „Im Vordergrund der sportlichen Ertüchtigung der Jugend steht die Wehrerziehung. Schieß-und Geländedienst sind die beiden großen Aufgaben.“ [1]

„Wehrgeistige Erziehung“ am Kölner Dreikönigsgymnasium

Dass beileibe nicht nur der Sportunterricht von der neuen Ausrichtung betroffen war, belegt ein Bericht des Direktors des renommierten Kölner Dreikönigsgymnasiums vom 21. Dezember 1939 an den Oberpräsidenten der Nordrheinprovinz:

„Während des Krieges wird die wehrgeistige Erziehung noch stärker gepflegt als es in Erfüllung der Anordnungen der Behörden schon vorher getan worden ist.

Die Fächer Deutsch, Latein, Griechisch bevorzugen, soweit möglich, Stoffe, die Kriegertugenden, Einsatz für die Gemeinschaft, Stolz auf Volk und Vaterland verherrlichen.

Der Geschichtsunterricht stellt die politische Entwicklung in den Vordergrund und beweist, ohne Aufdringlichkeit, die primäre Bedeutung der Politik für die Völker und die Bedeutung der realen Macht für die Politik. Neuerdings behandelt er die Geschichte des englischen Imperialismus und zeigt die Gefahr, die Deutschland von England droht.

In der Erdkunde wird besonderer Wert auf die geopolitischen Zusammenhänge und Spannungen gelegt. Fragen, wie mitteleuropäischer Raum, Ostasiatische Frage, das Daseinsrecht eines Britischen, eines Französischen Weltreiches, sowie die Versorgungsmöglichkeiten Deutschlands mit Lebensmitteln und Rohstoffen, stehen im Vordergrund. Auch Geländekunde, Kartenlesen, Wetterbeobachtung wird verstärkt betrieben.

In Physik und Chemie erfahren die wehrpolitisch bedeutsamen Fragen besondere Behandlung: Schuss, Luftwiderstand, Standortbestimmung, Peilung, Motoren, Sprengstoffe, Kampfstoffe usw. Zu dieser dem Fachunterricht immanenten Wehrerziehung tritt eine unmittelbare Beeinflussung der Schüler. Die kann nicht stundenplanmäßig und auf Befehl erfolgen und ist auch nicht jedem Lehrer zu empfehlen. Aber es sind genügend Lehrer an der Schule, die als alte Frontkämpfer und begeisterte Soldaten das immer rege Interesse der Schüler befriedigen können, und bei jedem besonderen Anlass Erläuterungen zur Lage geben. Aufsätze wie: ‚Welche Truppengattung würde ich wählen, wenn ich jetzt schon Soldat werden dürfte? (6. Kl.)‘ veranlassen die Schüler zu ernsthafter Beschäftigung mit dem Soldatentum. Ich persönlich habe die durch den Lehrerwechsel häufig notwendigen Vertretungsstunden gerne dazu benutzt, mit den Schülern die politische, oder die Kriegslage zu besprechen, oder die Aufgaben und Waffen der einzelnen Truppengattungen und die Arbeit der Truppenführung zu behandeln.

In solchen Stunden hat man die ungeteilte und aktivste Aufmerksamkeit der Schüler. Schüler, die den Wunsch haben, Offizier zu werden, berate ich selbst und versorge sie mit geeigneter Lektüre.

Folgende Eindrücke habe ich aus den Ansprachen mit Schülern und aus Aufsätzen gewonnen:

Den tiefsten Eindruck macht der Kampf der Jagdflieger Mann gegen Mann.

Der Bewegungskrieg begeistert die Jungen, während gegenüber dem Stellungskrieg, genährt durch Erzählungen übertreibender Frontkämpfer, vielfach Widerwille herrscht. Die meisten Schüler schwärmen für die Flieger, aber die Eltern sind dagegen.

Infanterie ist wenig beliebt, man findet, dass der Infanterist trotz seiner Strapazen keine Anerkennung finde. ‚Die Flieger bekommen alle das EK. Von den Sandhasen nur ganz wenige‘, auch soll der ‚Drill‘ bei der Infanterie schlimmer sein.

Artillerie ist merkwürdig unbeliebt. Ich begegne wiederholt dem Gefühl, dass das Schießen mit furchtbaren Granaten aus weiten Entfernungen auf Ziele, die man nicht sieht, etwas Unritterliches habe.

Die Flakartillerie ist dagegen vielfach das Ideal solcher, die es bequemer und weniger gefährlich haben wollen. Das Renommiere vieler Flaksoldaten, die in der Umgebung Kölns liegen, ist schuld daran.

Nachrichtentruppen finden viel Interesse, namentlich bei den naturwissenschaftlich interessierten und manuell geschickten Schülern. Für die Marine sind in allen Jahrgängen einige wenige Schüler begeistert. Diese verfolgen auch ihr Ziel, zur Flotte zu kommen, zäh. Das Gros der Schüler kann sich trotz der Leistungen unserer Marine noch nicht in die Lage denken, selbst zur See zu gehen.“ [2]

Richtlinien zur Wehrerziehung in Schulen

Mit Beginn des Jahres 1940 erschienen dann mehrere Richtlinien und Erlasse, die der neuen Situation auch offiziell Rechnung tragen und die schulische Wehrerziehung auf eine verbindliche, stark intensivierte Grundlage stellten. So wurden am 2. Januar 1940 vom NS-Lehrerbund des Gaus Westfalen-Nord folgende „Allgemeinen Richtlinien“ zur „Wehrerziehung in der Schule“ erlassen: [3]

„Wir wollen den Wehrgedanken in unsere Schulen hineinbringen, unsere Jugend soll wehrpolitisch erzogen werden. In ihr soll der heilige, ernste und fanatische Wille geweckt werden, es dereinst einmal den Vätern gleichzutun. Eine so erzogene Jugend wird sich die ewig gültigen Gebote des überzeitlichen, seelischen Sittengesetzes zu Eigen machen. Die Gebote der Ehre, der Treue, der Tapferkeit, der Vaterlandsliebe, der Kameradschaft und des Gehorsams.

Um dieses Ziel zu erreichen, setzen wir den wehrerzieherischen Gedanken in den Mittelpunkt des gesamten Unterrichts. Wir gestalten ihn wie folgt:

1.) Jede Woche wird nach Möglichkeit mit einer Kriegsfeierstunde eingeleitet. Diese Stunde muss zu einem wahren. begeisternden, nationalsozialistischen Weiheakt werden, der in den Herzen der Kinder widerklingt und mit unerschütterlichem Wehrwillen und einer einsatzbereiten Wehrfreudigkeit erfüllt. In ihr wird die vom Schulleiter bestimmte Wochenparole bekanntgegeben.
2.) Der Unterricht beginnt jeden Morgen mit der Wochenparole. Sie besteht aus dem Wochenspruch und dem Wochenlied.
3.) Der Klassenleiter bespricht alltäglich den Heeresbericht und die wichtigsten Tagesereignisse.
4.) In allen Fächern kann und muss wehrgeistige Erziehung betrieben werden.
5.) Die Tageszeitungen, illustrierte Zeitschriften (Hilf mit) sind viel mehr in den Dienst des Unterrichts zu stellen.
6.) Als Klassenlektüre sind nur solche Schriften zu wählen, die nicht nur ein wertvolles Unterrichtsmittel, sondern auch ein unentbehrliches wehrpolitisches Rüstzeug darstellen.
7.) Die Rundfunksendungen: Die politische Zeitungs- und Rundfunkschau des Ministerialrates Hans Fritsche, die Frontberichte, sollen nach Möglichkeit im Unterricht berücksichtigt werden.
8.) Film und Lichtbild sind sehr geeignet, soldatischen Geist zu vermitteln und zu fördern und darum weitgehendst beim Unterricht heranzuziehen.
9.) Die vom NSLB herausgebrachten Lehrschaubogen sind in den Klassen aufzuhängen und unterrichtlich auszuwerten.
10.) Die weibliche Jugend ist in besonderem Maße über die Fragen der Ernährung zu unterrichten und aufzuklären.
11.) Die Strick- und Nähstunden sind in den Dienst der NSV. zu stellen.
12.) Jeweils am Schluss der Woche hat der Klassenleiter mit seinen Schülern eine politische Wochenschau zu geben.
13.) Der Unterricht endet täglich mit einem Lied der Bewegung. (Wochenlied)
14.) Jede Schule hat ein Kriegsarchiv des Heimatortes zu schaffen.
15.) In den Schulkonferenzen sind die Fragen der wehrgeistigen Erziehung eingehend zu behandeln.
16.) Die Lehr- und Lernbücher sind einer gründlichen Prüfung zu unterziehen, ebenso die Schulbüchereien. Was dem wehrerzieherischen Gedanken zuwiderläuft ist auszumerzen.
17.) Die Arbeitsgemeinschaften stellen fest, wie in den einzelnen Fächern der Wehrgedanke gefördert werden kann.
18.) Die Fachschaftsversammlungen beschäftigen sich ebenfalls mit der Frage der wehrgeistigen Erziehung.
19.) Die Kreise bezw. die Ortsgruppen des NSLB veranstalten allmonatlich eine Versammlung, in der ein geeigneter Redner über Notwendigkeit, Ziel und Aufgaben der Wehrerziehung spricht. Der Besuch dieser Versammlungen wird allen Lehrkräften von Seiten der Behörden zur Pflicht gemacht.
20.) Die Kreisfachbearbeiter melden zum 20. jeden Monats, erstmalig zum 1. Februar 1940, über ihre gesammelten Erfahrungen und über die stattgefundenen Versammlungen. Ebenfalls find zu diesem Termin der Gauwaltung etwaige Vorschläge zu unterbreiten.

Vorstehende Richtlinien sind von den zuständigen Behörden genehmigt worden und daher für alle Schulen im Gau Westfalen-Nord verbindlich.“

Zugleich wurde am gleichen Tag für die Monate Januar, Februar und März 1940 ein Merkblatt herausgegeben, auf dem schlagwortartig die wichtigsten Inhalte zur „Wehrerziehung in der Schule“ aufgelistet waren:

„1. Wir müssen siegen:

A. Wir haben den besten Führer.
B. Wir haben die beste Regierung.
C. Wir besitzen die stärkste Wehrmacht:
a) Landheer. Blitzkrieg in Polen. Treibt in kurzem, wuchtigem Stoß die Franzosen über die Grenz zurück.
b) Kriegsmarine. Westerplatte. Beherrscht die Nord- und Ostsee. U-Boote versenken feindliche Kriegs- und Handelsschiffe. Dringen bis in die gesichersten feindlichen Häfen vor. (Scapa Flow, Firth of Forth, Shetland-Inseln). Engl. Blockade wirkungslos. Vordringen unserer Kriegsschiffe bis Island. ‚Admiral Graf Spee‘ im Atlantik.
c) Luftwaffe. Schrecken unserer Feinde. Siegeszug in Polen. Fernaufklärung über England und Frankreich. Sieger im Kampf gegen englische Kriegsschiffe. Sieger in der bisher größten Luftschlacht.
D. Wir sind das tüchtigste Volk.
Versailles und 1933. Opferbereitschaft. Wehrbereitschaft.
2. Die Heimat – Innenfront – muss zum Siege beitragen.
A)Kampf gegen die Miesmacherei.
Wir müssen Optimisten sein. Defaitismus in keiner Weise berechtigt. Mehr Selbstvertrauen. Vertrauen zum Führer und zur Wehrmacht. Kampf gegen die Flüsterpropaganda.
B) Kampf gegen die Hamsterei.
Gemeinnutz geht vor Eigennutz. Hamsterer schädigen das Volksganze. Kaufe nur das, was du notwendig brauchst! Schone deine Sachen! Wir brauchen nicht zu hungern und zu frieren. Vorsorge der Regierung: Vorräte (Lebensmittel- und Kleiderkarten, Bezugscheine). Vierjahresplan, Verlagerung der Ein- und Verkaufsmärkte.
C) Kampf dem Verderb.
Brotreste, Papier auf Schulhöfen, Küchenabfälle. E.H.W. Nichts verderben lassen! Schätze im Schutt. Altmaterial sammeln! usw.
D) Verhalten gegenüber Kriegsgefangenen.
Kriegsgefangene sind Feinde. Sollen menschenwürdig behandelt werden. Keine Vertraulichkeiten! (Rauchwaren, Alkohol). Vorsicht bei Kriegsgefangenen, die in der Landwirtschaft oder in anderen Betrieben untergebracht sind! Gefahr der Sabotage (Kartoffelpflanzen, Futtervergiftung, Brandstiftung). Nicht über militärische Dinge sprechen! Keine Briefe und Karten für die Gefangenen weiterbefördern.
E) Luftschutz tut not!
Der zivile Luftschutz. Verdunkelung, Luftschutzkeller. Verhalten bei Fliegeralarm. Erste Hilfe bei Unglücksfällen.“

Dass sich die staatliche Schulaufsicht die Vorschläge des NS-Lehrerbundes umgehend und vollständig zu eigen machte, zeigt ein Rundbrief des Schulrats der Stadt Paderborn vom 9. Februar 1940 an die Schulen der Kreisabschnitte in Paderborn und Büren, in dem er mit Bezug auf die Merkblätter des NSLB und mitteilte: „Die Wehrerziehung in der Schule ist heute in den Mittelpunkt des gesamten Unterrichts zu stellen. Die Merkblätter des NSLB Gau Westfalen-Nord sind in jeder Schule zum Gegenstand einer Sitzung der Lehrerschaft zu machen.“

Am 22. Februar 1940 folgte ein zweites Merkblatt „Über die Erziehung zur Verschwiegenheit“, in der es als kriegswichtig definiert wurde, keine wichtigen Informationen leichtfertig preiszugeben und damit den Feinden in die Hände zu spielen. Die Deutschen würden „zu viel reden“, und diese „fahrlässigen und leichtfertigen Schwätzer“ hätten schon „großes Unheil“ angerichtet. Besonders gewarnt wurde vor der „leichtfertigen Preisgabe wichtiger Fabrikationsmethoden“. Damit seien „alle stillen Vorbereitungen einer Landesverteidigung illusorisch“. Der „Sieg“ hänge aber davon ab, „dass wir den Gegner jeglichen Einblick in unsere politischen, militärischen und wirtschaftlichen Pläne und Maßnahmen verwehren“.

Der Schule wurde daher die Aufgabe zugewiesen, gegen „Angeber“ und „Schwätzer“ vorzugehen, und die Schülerinnen und Schüler eindringlich darauf hinzuweisen, dass Schwätzerei „Landesverrat“ sei. Jeder müsse in seinen Gesprächen vorsichtig sein, vor allem in Eisenbahn, Straßenbahn, in der Wirtschaft etc. In Telefonaten und Briefen dürften solche Angelegenheiten überhaupt keine Erwähnung finden.

Zudem dürfe der Postverkehr von Deutschland zur Front und umgekehrt nicht dazu dienen, „Jammer- und Winselbriefe“ zu befördern. „Auch bei Leiden und Unbill, bei Opfern, die der Krieg nun einmal verlangt, muss der deutsche Mensch schweigen können.“

Angekündigt wurde zudem, dass das Oberkommando der Wehrmacht eine Reihe von Maßnahmen durchführen werde, um die Bevölkerung über die Gefahren des „leichtfertigen Weitertragens von politischen, militärischen und wirtschaftlichen Staatsgeheimnissen“ aufzuklären. Dies werde durch Tagespresse, Film, Warnplakate, die Belieferung aller Haushalte mit der Aufklärungsschrift „Was tue ich im Ernstfalle“ sowie der neubearbeiteten Schrift „Spione, Verräter, Saboteure“ unterstützt.

Zuletzt wurden die Erzieherschaft im Gau Westfalen-Nord aufgefordert, sämtliche Maßnahmen zu fördern und diese auch im Unterricht zu behandeln. „Dadurch wird sie als wichtiges Glied der inneren Front über die Kinder auf einen Großteil unseres deutschen Volkes einwirken und mancher Schaden wird uns erspart bleiben.“

Richtlinien über Wehrerziehung

Am 10. Februar 1940 erließ auch die Abteilung für Höheres Schulwesen beim Oberpräsidium Westfalen einen Erlass zum Thema „Richtlinien über Wehrerziehung“. Er lautete: [4]

„Unter dem Vorbehalt abweichender Bestimmungen des Herrn Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung sind für die Aufgabe der Wehrerziehung an den höheren Schulen meines Amtsbereichs folgende Richtlinien zu beachten:

In einem ‚totalen Kriege‘, wie ihn die nationalsozialistische Weltanschauung zur Verteidigung des Lebens, der Freiheit und der Ehre des deutschen Volkes fordert, wirken nicht nur Staatsführung, Wehrmacht und Bewegung, an ihrer Spitze in der Persönlichkeit des Führers vereinigt, aufs engste zusammen; auch der Einsatz aller wirtschaftlichen, kulturellen und moralischen Kräfte unseres Volkes unter einheitlicher Führung ist notwendig, um den Sieg Großdeutschlands in dem für das Schicksal des deutschen Volkes ebenso wie für das Heil und den Frieden Europas und der ganzen Welt entscheiden^ den Kriege zu sichern.

Um dieser großen geschichtlichen Aufgabe zu dienen, hat auch die Schule mit ihrer Erziehungsarbeit sich einzugliedern in ihren großen Zielsetzungen ebenso wie in der täglichen Kleinarbeit ihres Erziehungslebens« Daraus entspringt der Gedanke der Wehrerziehung der Schule, die mit der allgemeinen Charaktererziehung und der politischen Erziehung innig verknüpft werden muss. Bei dieser Aufgabe sollen Schule und Erzieher mit der Wehrmacht, dem NS-Lehrerbund und der HJ eng und einmütig Zusammenarbeiten.

I. Charakterliche Wehrerziehung. (Allgemeines).

Indem die nationalsozialistische Schule die Charaktererziehung in Verbindung mit der politisch-weltanschaulichen Erziehung an die erste Stelle setzt, schafft sie eine wichtige Voraussetzung für die Wehrerziehung. Die Charaktererziehung erfährt in der Wehrerziehung einen erhöhten Ansporn und die Ausrichtung auf ein bestimmtes Ziel. Der junge Mensch soll angesichts des ungeheuren Einsatzes der ganzen Volkskraft im Kriege, in dem Front und Heimat zusammenstehen, auch an sich selbst die höchsten Anforderungen in der Schularbeit stellen. Er soll verstehen lernen, dass es seine Pflicht ist, den für ihn erreichbaren höchsten Grad an Tüchtigkeit zu er= streben, damit er künftig seinem Volke sein Bestes geben, und wenn es von ihm gefordert wird, bei der härtesten Probe im Kriege als Soldat sich bewähren kann. Er soll den Sinn des Fichte‘schen Wortes begreifen! Auch von Deiner Leistung und Deinem Einsatz hängt ‚das Schicksal der deutschen Dinge‘ ab.

In dieser Haltung sollen Erzieher und Schüler gestärkt und angefeuert werden durch den unerschütterlichen Glauben an die Sendung des deutschen Volkes und an den Sieg der deutschen Waffen. Die Gestalt des Führers als die Verkörperung dieses Glaubens und Vorbild dieser Haltung soll den Schülern immer wieder vor Augen gestellt werden.

Diese Charaktererziehung soll durch das gesamte Schulleben, durch gestraffte Zucht in der Schulordnung wie im Unterricht, durch Feiergestaltung und durch Pflege der Verbindung der Schule mit dem Leben in der Heimat und an der Front gefördert werden. Im Einzelnen wird folgendes angeordnet:

1. An jeder höheren Schule soll während der Zeit des Krieges einmal in der Woche, am besten am Montag, vor Beginn des Unterrichts, eine kurze erhebende Gemeinschaftsfeier stattfinden (Dauer 15-20 Minuten) Mittelpunkt dieser Feier bildet eine Ansprache des Leiters (der Leiterin) der Schule oder eines Erziehers (einer Erzieherin), die am besten an den Wochenspruch der Bewegung anknüpft (zu beziehen durch den Franz Eher-Verlag in München) und die politischen und militärischen Ereignisse der vorangegangenen Woche der Jugend nahe bringt. Umrahmt werden soll diese Feier durch Musik, insbesondere durch Lieder der Schulgemeinde, wobei auch die neuesten Lieder von Wert erklingen sollen. Diese Feier gibt auch Gelegenheit, persönliche Nachrichten über Erzieher und Schüler, die an der Front stehen, mitzuteilen.

Darüber hinaus ist der Leiter (die Leiterin) der Schule berechtigt, bei großen politischen oder militärischen Ereignissen die Schulgemeinschaft am Tage des Bekanntwerdens oder am darauffolgenden Tage zu einer kurzen Feier zusammenzurufen.

2. Im Flur jedes Schulgebäudes soll, wie das an einigen Schulen schon üblich ist, an einer für alle Schüler sichtbaren Stelle ein wöchentlich wechselnder Spruch angebracht werden. Ich verweise auf ein Beispiel von Gemeinschaftsarbeit einer höheren Schule in Dortmund, wo eine Tafel und schön geformte bewegliche Buchstaben in Holz für diesen Zweck im Werkunterricht gefertigt worden sind. Ebenso soll im Flur eine große Karte des Hauptkriegsschauplatzes, möglichst von Schülern gefertigt und nach Bedarf vervollständigt, angebracht werden, auf der die Fronten und die durch die Kriegsereignisse bemerkenswerten Orte und Zeichen (Fähnchen usw.) kenntlich gemacht werden.

3. Vertretern der Wehrmacht soll die höhere Schule Gelegenheit geben, auf die Jugend, namentlich die reifere Jugend durch Vorträge im Geiste der Wehrerziehung einzuwirken und für den Beruf des Offiziers oder für eine bestimmte Formation zu werben. Besuche von Kasernen, Flugplätzen und Vorführungen der Wehrmacht sollen die Anschauung von der Ausbildung des Soldaten und seiner Tätigkeit im Kriege fördern und das Interesse des Schülers an den Kriegshandlungen wie am Soldatenberuf wecken.

4. Durch Briefwechsel, Liebesgaben, Arbeiten für die Frontsoldaten sowie durch Besuche von Erziehern und ehemaligen Schülern, die von der Front kommen und sich auf Urlaub in der Heimat befinden, soll die Verbindung zwischen Schule und Front lebendig erhalten werden.

5. Die Kriegsmaßnahmen der Heimat sollen den Schülern im Unterricht erklärt und die selbstverständliche Verpflichtung des Gehorsams in der Beachtung aller Vorschriften soll ihnen eingeprägt werden. Hamsterei und Miesmacherei sollen verächtlich gemacht und Verrat am deutschen Volke in seinem Schicksalskampf gebrandmarkt werden. Vor Flüsterpropaganda soll gewarnt werden, ohne konkrete Beispiele anzuführen. Die Selbstzucht in der Erfüllung der Schweigepflicht soll von den Erziehern vorbildlich geübt und den Schülern ans Herz gelegt werden. Auf diese Weise darf auch ein günstiger Einfluss der Schule auf das Elternhaus erwartet werden.

II. Geistige Wehrerziehung (Besonderes):

Wehrerziehung ist kein Unterrichtsfach der höheren Schule, sondern Unterrichtsgrundsatz, d.h. von allen Fächern aus soll im Rahmendes Lehrplans sowohl wie in lebendiger Verbindung mit den großen Ereignissen der Gegenwart Wehrerziehung getrieben werden. Wenn auch die Willensbildung und die Begeisterung für die großen Leistungen von Wehrmacht, Staat und Partei an erster Stelle stehen, so sollen doch Erkenntnisse über die Voraussetzungen und Mittel der Kriegsführung sowie über geschichtliche und politische Zusammenhänge vermittelt werden, die ein tieferes Verständnis der politischen und militärischen Ereignisse ermöglichen. Eine Wehrkunde wird daher von verschiedenen Fächern aus in den Grenzen der Zeit, die durch die Forderungen der Lehrpläne gesetzt sind, betrieben werden müssen. Bezüglich der ‚Pflege der Luftfahrt‘ verweise ich auf den eingehenden und umfassenden Ministerialerlass vom 11.11.1934 - EU III NX. 10.1. Zu den einzelnen Fächern sei folgendes bemerkt:

a) Geschichte

Der Geschichtsunterricht muss neben dem Stoff des Lehrplans die Geschichte der Gegenwart in allen wichtigen Ereignissen verfolgen und je nach der Klassenstufe die geschichtlichen Erkenntnisse vermitteln, die zu einem vertieften Verständnis der Ereignisse notwendig sind. Beherrschend für die Beurteilung aller Ereignisse ist das Lebensinteresse des deutschen Volkes, sein Siegeswille und die Vernichtung seiner Feinde im Kriege. In allen Klassen sind Karten der Kriegsschauplätze aufzuhängen, auf denen die Entwicklung der kriegerischen Ereignisse verfolgt und durch Zeichen kenntlich gemacht wird.

Neben dieser direkten Behandlung der Zeitgeschichte soll der Geschichtslehrer darauf bedacht sein, im Rahmen des Lehrplans wichtige Beziehungen und Vergleiche zwischen Vergangenheit und Gegenwart aufzuzeigen. Naturgemäß wird die Kriegsgeschichte neben der politischen Geschichte in den Vordergrund treten müssen von dem Gesichtspunkt aus, dass durch Entscheidungen auf dem Schlachtfeld die Geschichte der Völker in weitgehendem Masse gestaltet wird. Besondere Beachtung ist den Vergleichen zwischen dem Weltkrieg und dem gegenwärtigen Krieg zu schenken.

b) Erdkunde:

Eine besonders enge Verbindung mit dem Geschichtsunterricht wird durch die Zeitgeschichte gefordert. Auch hier sind außerhalb des Lehrplans Erkenntnisse zu vermitteln, die zum Verständnis der großen Ereignisse der Gegenwartsgeschichte notwendig sind. Neben der Beachtung der großen wehrgeographischen und wehrpolitischen Gesichtspunkte darf die Erwerbung von positiven Kenntnissen der Länderkunde, insbesondere der Kriegsschauplätze nicht vernachlässigt werden.

c) Deutsch:

Zunächst wird der Grundsatz der Wehrerziehung die Wahl des Lesestoffes stark beeinflussen. Hier ist nicht nur an Kriegslyrik, Kriegsroman und Kriegsdrama zu denken. Auch die Gedanken des Führers über den Krieg in ‚Mein Kampf‘ sowie in seinen Reden sind eingehend zu behandeln, daneben Auszüge aus Schriften großer Feldherren wie Friedrich der Große, Clausewitz, Moltke, Ludendorff, Hindenburg. Die Beschäftigung mit Abschnitten aus Bismarcks ‚Gedanken und Erinnerungen‘ wird gleich den Schriften und Reden des Führers das Verständnis für den engen Zusammenhang zwischen Krieg und Politik fördern. Jedoch soll bei der Stoffauswahl nicht zu einseitig vorgegangen werden. Pflicht des Deutschunterrichts bleibt es, die die deutsche Dichtung als Ausdruck der unermessbar reichen deutschen Seele der Jugend nahezubringen.

Gleichzeitig sind Schriften der Feldherrn nach der formalen Seite als Vorbild für einen klaren, knappen und treffenden Ausdruck bei entsprechendem Gegenstand zu betrachten. Eine solche Ausdrucksweise, die sich auf das Wesentliche beschränkt, soll von den Schülern an Jungenschulen in mündlichen und schriftlichen Berichten geübt werden. Dazu dient auch der Kurzaufsatz, der auf allen Klassenstufen, auch auf der Oberstufe eine Stelle haben soll (Dauer etwa 20-30 Minuten, auf der Oberstufe höchstens eine Unterrichtsstunde).

d) In der Musik ist im Rahmen des deutschen Volksliedes Soldatenlieder besondere Beachtung zu schenken. Wertvolle Texte sind auswendig zu lernen. Auch die Marschmusik verdient in dieser Zeit einen breiteren Raum im Unterricht der höheren Schule.

e) Der Kunstunterricht soll den Geschichtsunterricht darin unterstützen, dass er bei der Kunstbetrachtung auch Werke der deutschen Baukunst und der bildenden Kunst in den wieder erworbenen oder neu gewonnenen Gebieten heranzieht. Es soll den Schülern zum Bewusstsein gebracht werden, dass dieser Krieg auch für die Erhaltung der ewigen Werte der deutschen Kunst und Kultur geführt wird. Auch auf die Stoffwahl für den praktischen Unterricht wird die Wehrerziehung sich auswirken müssen (Ornamentik, Kriegs-und Kampfsymbole). Im Werkunterricht ist der Bau von Modellen, besonders von Flugzeugmodellen gesteigert zu betreiben.

f) Fremdsprachlicher Unterricht:

Im Unterricht der alten und neueren Sprachen soll der Gedanke der Wehrerziehung vornehmlich bei der Wahl des Lesestoffs beachtet werden. Außerdem werden die kriegerischen und politischen Ereignisse der Gegenwart mannigfaltige Anregungen zu politischen und geschichtlichen Betrachtungen in Bezug auf die betreffenden fremden Völker und Staaten bieten.

g) Mathematikunterricht ist die Anwendung dieser Wissenschaft auf die Kriegstechnik zu beachten. Auf Ballistik und Entfernungsmessverfahren wird besonders verwiesen. Bei der Aufgabenwahl ist das Kriegsleben bevorzugt heranzuziehen. Das gilt auch für die Reifeprüfungen.

h) Der Physikunterricht soll noch stärker als bisher, am besten in Arbeitsgemeinschaften Flugwissenschaft und Wetterkunde betreiben, aber auch in Verbindung mit dem Mathematikunterricht allgemein der Technik von Kriegsmaschinen und Kriegsinstrumenten seine Aufmerksamkeit schenken, soweit die Beachtung des Lehrplans es irgend gestattet.

i) Im Chemieunterricht ist neben dem Vierjahresplan und der Kriegswirtschaft den Kampfstoffen sowie den Luftschutzeinrichtungen und Gasschutzapparaten besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

j) Der Biologieunterricht wird zusammen mit dem Geschichtsunterricht und' Erdkundeunterricht die raumpolitische Betrachtung des Krieges und der durch ihn aufgeworfenen Fragen durch die rassenpolitische und bevölkerungspolitische Betrachtung ergänzen. Der Krieg ist als Mittel zur Verteidigung wertvollen Blutes und Rassengutes zu betrachten. Pessimistische Erwägungen über umgekehrte Auslese usw. sind au vermeiden. Im Übrigen ist auf die weltanschauliche Grundlegung des Nationalsozialismus gesteigerte Aufmerksamkeit zu richten» Das Leben als Kampf Entartung und Aufartung. Die Herrschaft in der Welt kommt den rassisch wertvollsten, kulturschöpferischen Völkern zu.

Für den Unterricht in den Leibesübungen verweise ich auf den Ministerialerlass vom 23.12.1939, mitgeteilt durch Erlass vom 9.1.1940 II 272 gen.

k) Als Hilfsmittel der Wehrerziehung sind namentlich zu benutzen: Neben den Fachzeitschriften: ‚Weltanschauung und Schule‘, ‚Der deutsche Erzieher‘, ‚Die höhere Schule‘, die ‚nationalsozialistischen Monatshefte‘, die ‚Schulungsbriefe‘ der NSDAP, ‚Die Wehrmacht‘, außerdem die Tageszeitungen, besonders der ‚Völkische Beobachter‘. Auch illustrierte Zeitschriften sind als Anschauungsmittel heranzuziehen. Außerdem sei hingewiesen auf die bei Ferdinand Hirt, Breslau, in der ‚Deutschen Sammlung‘ erschienenen Bändchen ‚Das deutsche Heer‘, ‚Die deutsche Kriegsmarine‘, ‚Die deutsche Luftwaffe‘ (Preis je Heft 0,80 RM).

Auch die Darbietungen des Rundfunks sind für den Unterricht nutzbar zu machen. Der Film, besonders der Schulfilm, wird, wenn er in der rechten Weise vorbereitet und ausgewertet wird, der Wehrerziehung gute Dienste leisten.

Für die höheren Schulen, die im Gau Westfalen-Nord gelegen sind, verweise ich auch auf die Richtlinien und das Merkblatt, die die Gauwaltung des NSLB im Einvernehmen mit der Propagandastelle des Wehrkreises VI herausgegeben und allen Schulen zugestellt hat. Alle Anregungen, die auf der höheren Schule verwandt werden können, sind auch bei den künftig erscheinenden Merkblättern zu beachten.

An allen höheren Schulen meines Amtsbereichs ist so bald wie möglich eine Gesamtkonferenz zusammenzurufen, in der die obigen Richtlinien zur Grundlage einer eingehenden Besprechung gemacht werden. Daran haben sich innerhalb der nächsten drei Wochen Fachkonferenzen anzuschließen, in denen vornehmlich erwogen wird, wie im Rahmen des Lehrplans Wehrerziehung betrieben werden kann. Über die Ergebnisse der Konferenzen ist mir bis zum 1. März kurz zu berichten. Auch in späteren Gesamt- und Fachkonferenzen ist der Frage der Wehrerziehung besondere Beachtung zu schenken.

gez. Dr. Alfred Meyer“

Fußnoten

[1] Westdeutscher Beobachter, 7.11.1939
[2] HAStK, Best. 560/437
[3] Stadtarchiv Paderborn, T 33. Die Richtlinien finden sich auch in LAV NRW, OWL, L 80 III/4366.
[4] LAV NRW, OWL, L 113/503, Bd. 1, Bl. 65ff.

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