Bismarck

„Bismarck“ ist ein deutscher Spielfilm des Regisseurs Wolfgang Liebeneiner, der am 6. Dezember 1940 in Anwesenheit von Propagandaminister Goebbels uraufgeführt wurde. Diese Filmbiografie Otto von Bismarcks gehört mit „Die Entlassung“ aus dem Jahr 1942 zu den nationalsozialistischen Propagandafilmen, die Bismarck als Vorbild und angeblichen Vorläufer Adolf Hitlers in Szene setzen. [1] Er erhielt die Prädikate „staatspolitisch und künstlerisch besonders wertvoll“ sowie „jugendwert“.

Als der preußische König Bismarck im Jahr 1862 zum Kabinettschef beruft, gibt es in Deutschland noch 35 Einzelstaaten. Bismarck macht es sich im Sinne seines Herrn und Königs zum Ziel, die Opposition in Preußen zu beseitigen, die gerade Gelder für eine Heeresreform verweigert hat. Vor allem der preußische Abgeordnete und Mediziner Rudolf Virchow – den damaligen Kinobesuchern bereits durch den Film „Robert Koch“ bestens bekannt - ist sein schärfster Gegner. Bismarck löst den Landtag auf und unternimmt die verfassungswidrige Heeresreform. Neben den inneren Feinden will er zugleich auch die äußeren Feinde – in erster Linie Österreich, das unter dem Hause Habsburg nach der deutschen Kaiserkrone trachtet - in die Knie zwingen. Nach dessen anfänglichen Widerständen gelingt es Bismarck schließlich, den König von seiner Reichsidee zu überzeugen. Nach dem gewonnenen Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 wird König Wilhelm I. daraufhin in Versailles zum Kaiser gekrönt.

Zeitgenössische Kommentare

Der „Völkische Beobachter“, die Zeitung der NSDAP, urteilte:

„Bismarck hat durch Beiseiteschiebung aller herkömmlichen Maßstäbe den Weg zum Großdeutschen Reich frei gemacht. Die ganze menschliche Fülle, die Bismarcks Gestalt für uns umschließt, das treue und das schlaue Gesicht, die souveräne Kraft des Dialektikers der Landtagsreden wie die Not des um sein Werk bis zur inneren Gewissensmarter mit seinem König ringenden Reichsschöpfers, der ergreifende Mensch Bismarck und das Monument zugleich vermochte Paul Hartmann in seine Rollengestaltung hineinzuzwingen. Und neben ihm stand, erschütternd in dem Ernst seiner Gewissenhaftigkeit und in der Tiefe seines Vertrauens von Mann zu Mann, streng und gütig der preußische König Wilhelm Friedrich Kayßlers. Das Publikum vermochte schon während der Aufführung seine Anteilnahme an diesem Film, seinen künstlerischen Höhepunkten, dem Glanz seiner militärischen Bilder und der Zeitgültigkeit seines politischen Ethos nicht zurückzuhalten. Es gab immer wieder stürmischen Beifall, der sich zum Schluss zu langen Ovationen für Wolfgang Liebeneiner und die Darsteller steigerte. Dem Werk ist ein Siegeszug gewiss.“

Rolf Brandt schrieb im „Berliner Lokal- Anzeiger“:

„Heute kann man, vielleicht gerade heute, da die Beziehungen mit den großen Lebensstationen des Kanzlers ohne jeden Zwang wiederum mit den großen inneren Stationen des deutschen Aufstiegs verbunden sind, gerade heute kann man wieder heraufbeschwören das vergangene Leben.“

Goebbels notierte in seinen „Tagebüchern“:

2. August 1940: „Muster zum Bismarck-Film gesehen: ganz hervorragende Leistung von Liebeneiner.“ - 24. September 1940: „Demandowsky zeigt den Bismarck-Film von Liebeneiner. Gut geraten. Einige kleine Ausstellungen - sonst aber ein Wurf. Wird ein ganz großer Erfolg werden.“ - 4. November 1940: „Bismarck-Film von Liebeneiner fertig. Eine ganz großartige Leistung. Ich bin sehr zufrieden damit. Jetzt ist er auch politisch ganz schlüssig. Er wird einen Riesenerfolg haben.“ - Am 16. November 1940 zeigte Goebbels den Film dem Reichskommissar für Norwegen Joseph Terboven und dem Pressechef Dr. Dietrich und Frau. Er schrieb: „Wir schauen uns gemeinsam den Bismarck-Film an, der größte Bewunderung erregt. Ein schöner Wurf. Liebeneiner kann stolz sein.“

Einordnung

Nach Ralf Giesen und Manfred Hobsch diente die Gestalt des Kanzlers Bismarck „keinem anderen Zweck, als in diesem Film eine heroische Figur der Zeitgeschichte wiederzubeleben, deren Konzeption sich jedoch weniger an den historischen Gegebenheiten orientierte, sondern viel mehr darauf bedacht war, die Führer-Apotheose eines Adolf Hitler auszuschmücken“. Bismarck fungiert als großer Mann, der sich allein mit seinem Willen und Genius gegen die Welt als Führergestalt durchsetzen muss, um seinem Land zur Größe zu verhelfen. Ein zentrales Thema des Films ist dementsprechend das Versagen des Parlaments und die zwingende Notwendigkeit autoritärer Staatsführung, weshalb sich der ganze Zorn der Filmemacher gegen die Parlamentarier richten würde, „die entsprechend karikiert, lächerlich und verächtlich gemacht werden“.

Bismarck machte es sich zur Aufgabe, die Opposition zu beseitigen und die inneren und äußeren Feinde Preußens in die Knie zu zwingen, indem er die politischen Handlungsnormen nicht nur formulierte, sondern sogleich in der Praxis durchsetzte. Auch wenn das Geschehen weitgehend der historischen Realität entsprach, enthält der Film Dialogstellen, die eindeutig auf die Zeit von 1940 gemünzt sind. Entstehung und Uraufführung des Films fallen in die Zeit des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes und der Besetzung Polens durch Deutschland und die Sowjetunion. Entsprechend weist Bismarck den König darauf hin, dass die Militärkonvention mit Russland Preußen den Rücken frei halte. Auf dessen Einwand hin, dass aber doch die Presse auf der Seite Polens sei, entgegnet Bismarck: „Die Zeitungen sind nicht das Volk. - Bis die Schreier sich zu Taten entschließen, sind wir gerüstet. Sie wetzen ihre Mäuler und schießen mit Papier. Wir wetzen unsere Säbel und werden mit dem Zündnadelgewehr schießen.“ Bezüge zur Gegenwart finden sich auch in den patriotischen Deklarationen des Preußenkönigs von der Notwendigkeit der Wiederherstellung der nationalen Ehre, der Aufforderung, man müsse nun „zur Sache kommen“, die Macht Preußens sei nur durch „Blut und Eisen“ wiederzuerringen. - Insgesamt, so Giesen und Hobsch, könne „Bismarck“ als „Beispiel für den Versuch gelten, aktuelle politische Konstellationen auch im Spielfilm abzubilden“.

1942 drehte Liebeneiner als eine Art Fortsetzung den Film „Die Entlassung“, die auf ebenso unverfrorene Weise die historischen Ereignisse in Kontext zur NS-Politik setzte.

Fußnoten

[1] Vgl. Giesen/Hobsch, Hitlerjunge, S. 278ff. und http://de.wikipedia.org/wiki/Bismarck_%281940%29 (eingesehen am 28.3.2016)

zuletzt bearbeitet am: 01.04.2016

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